Emilie Richards – Entscheidung des Herzens

Luise Bähr, Simon Böer, Carin C. Tietze und Old-School-Kitsch vom Ende der Welt

Foto: ZDF / Florence Nobel
Foto Rainer Tittelbach

Zeigten die letzten Emilie-Richards-Verfilmungen Ansätze, sich aus der Kitsch-Falle des ZDF-Sonntagfilms zu befreien, verfällt „Entscheidung des Herzens“ wieder ganz in die Unarten des TV-Melodrams, die das Genre in Verruf gebracht haben. Country-Style ohne Dramaturgie und Seele. Landschaft und Natur als bloße Schauwerte und ein Paar, das mit zwei Gesichtsausdrücken auskommt und das nur die Großeltern gern haben dürften.

Casey, Anfang 30, kehrt nach Jahren in der Fremde heim auf die Farm der Familie, die schwer ums Überleben kämpft. Ihre ältere Schwester Megan hat nach dem Unfalltod der Eltern vor über 20 Jahren die Verantwortung für die Schafzucht, aber auch für Casey übernommen. Die fühlte sich bevormundet und suchte früh das Weite. Und so fehlt die gegenseitige Herzlichkeit, als sich die Schwestern nach so langer Zeit wieder gegenüberstehen. Vorwürfe liegen in der neuseeländischen Luft. Nur langsam kommt es zur Annäherung. Männern gegenüber öffnen sich die beiden Frauen dagegen schneller. John, Caseys Jugendliebe, nimmt rasch Peilung auf und Nick, der ehemalige Priester, der seit Kurzem den Handlanger auf der Farm gibt, ist von Megan ebenso angetan wie sie von ihm. Doch wer ist Tommy, jener achtjährige Junge, mit dem Casey gekommen ist? Ist er tatsächlich der Sohn einer Freundin? Oder ist er Caseys Kind? Ist er vielleicht sogar Johns Sohn? Und weshalb wird Casey von der Polizei gesucht? Hat sie den Jungen entführt?

Zeigten die letzten Emilie-Richards-Verfilmungen Ansätze, sich sympathisch aus der Kitsch-Falle des ZDF-Sonntagfilms zu befreien, verfällt „Entscheidung des Herzens“ wieder ganz in die Unarten des TV-Melodrams, die das Genre in Verruf gebracht haben. Dieser Kitsch vom Ende der Welt ist dramaturgisch eine absolute Nullnummer: da müssen Zufälle und künstlich aufgebauschte Rätsel (wer ist wohl dieser Tommy?) die Minimalhandlung, die für einen Kitsch-Roman genügend Stoff bieten mag, als Konstruktion für einen Fernsehfilm indes längst nicht ausreichend ist, über die 90 Minuten retten. Obwohl man genügend Zeit hätte, gibt es keinen einzigen ernsthaften Exkurs ins Thema. Stattdessen zwei Hauptdarsteller, die aus der ZDF-Telenovela „Hannah – Folge deinem Herzen“ nach Neuseeland verpflanzt wurden, um dort zu zeigen, dass man bei dieser Geschichte mit zwei Gesichtsausdrücken auskommen kann.

Luise Bähr und Simon Böer geben ein ungelenkes Paar ab – männliche Kantigkeit und weibliche Katalogschönheit mag mit dem Country-Style Marke „Unsere kleine Farm“ korrespondieren, ein Filmpaar, das nicht nur die Großeltern gern haben, sieht anders aus. Kein ZDF-Sonntagsfilm hat 2011 seine Frischluftszenarien so gnadenlos auf Postkarte gestylt wie „Entscheidung des Herzens“. Die Natur wird bei John Delbridge allein reduziert auf ihren Schauwert. Dass sie wie in fast jedem Melodram hier nicht als Projektionsfläche der Seele, als Spiegel der inneren Konflikte, ästhetisch genutzt wird, hat einen einfachen Grund: Diese Schmonzette bearbeitet weder irgendeinen Konflikt, noch besitzt sie so etwas wie eine Seele.

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Reihe

ZDF

Mit Luise Bähr, Simon Böer, Carin C. Tietze, Michael Roll, Dayne Johnston, Ken Blackburn

Kamera: Simon Raby

Szenenbild: Ross McGarva, Mark Robins

Schnitt: Ann-Sophie Schweizer

Produktionsfirma: Polyphon International

Drehbuch: Sabine Leipert, Julia Neumann, Sabrina M. Roessel

Regie: John Delbridge

Quote: 5,15 Mio. Zuschauer (14,7% MA)

EA: 25.09.2011 20:15 Uhr | ZDF

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