Im Fernsehkrimi ist es wie im wirklichen Leben: Der erste Eindruck täuscht. Das muss er auch, weil die meisten Krimis sonst gleich wieder vorbei wären. Zum Auftakt dieser neuen Episode aus der nun auch schon 15 Jahre alten Erfolgsgeschichte des „Starken Teams“ aus Berlin wird eine Frau erschossen. Sie bewohnte eine stattliche Villa in einem wohlhabenden Viertel, das seit einigen Wochen Schauplatz einer Einbruchserie ist. Der Fall scheint klar: Die Unternehmensberaterin hat den Einbrecher überrascht, der geriet in Panik – Raubmord.
Verena Berthold und Otto Garber (Maja Maranow, Florian Martens) genügt allerdings ein kleines bisschen Recherche, um herauszufinden, dass mit Ausnahme ihres kleinen Sohnes praktisch jeder Mensch in der näheren Umgebung froh über den Tod der Ermordeten ist: die Nachbarin (Renee Soutendijk), weil die Verblichene ein Verhältnis mit ihrem Mann hatte, einem mittlerweile an den Rollstuhl gefesselten Musikkritiker (Hansa Czypionka); ein Kollege (Gregor Bloeb), weil die „hinterhältige machtgierige Schlampe“ ihn ganz mies hintergangen und ihn um einen lukrativen Auftrag gebracht hat; ihr erst geschiedener und nun verwitweter Mann (Kai Wiesinger), weil sie ihn erst vor die Tür gesetzt und dann wie eine Zitrone ausgepresst hat. Der gute Ex-Gatte ist allerdings auch nicht ganz unbescholten, hat er doch als Finanzberater diverse Berliner um ihr Erspartes gebracht. Zu den Geprellten gehört unter anderem ein Neffe von Yüksel, der in der Tatnacht am Haus der Toten war; in seinem Auto findet sich zudem jene Kette, die die Frau am Abend ihres Todes getragen hat.
Wie so oft in den immer erfolgreicheren Filmen der Krimireihe „Ein starkes Team“ – die Folgen des vergangenen Jahres erzielten „den besten Jahresmittelwert aller Zeiten“, freut sich das ZDF – sorgen die Zwischenmenschlichkeiten im Revier für ein unterhaltsames Gegengewicht zum kriminalistischen Erzählstrang: Frauenversteher Ben Kolberg (Kai Lentrodt) spekuliert auf eine Beförderung und zieht alle Register, verschwendet seinen ganzen Charme aber zielsicher an der falschen Adresse. Und dann ist da noch das obligate Zwischenspiel mit Sputnik (Jaecki Schwarz), der diesmal Alarmanlagen vertickt und in diesem Rahmen ein herrliches Verkaufsgespräch mit einem schwerreichen Erben (Kurt Krömer) führt. Überhaupt hat das Drehbuch eine Vielzahl kleiner Nebenhandlungen zu bieten; die Tatsache, dass der Musikkritiker nicht halb so gelähmt ist, wie er tut, ist da noch am wenigsten überraschend. Reinhard Münster, krimiversiert dank diverser „Wilsberg“-Folgen, inszeniert den Film unaufgeregt, ganz im Sinne der ZDF-Samstags-Philosophie, dessen Krimis seiner Meinung nach „niemals durch optische und akustische Oberflächenfeuerwerke bluffen, wie sie auf manchen Kanälen immer unverzichtbarer geworden sind“. (Text-Stand: 2009)