„Ich sag mal“, ist der liebste Spruch von Carla Fingerhut. Sie sagt’s – und ist dann kaum noch zu bremsen in ihrem Redefluss. Andere Menschen sind Hobby-Gärtner, sie gärtnert hauptberuflich und ist dafür Hobby-Detektivin. „Die kennt sich aus“, meint der Dorfpolizist – weil Carla ihren kranken Mann bis zu seinem Tode gepflegt und ihm in dieser Zeit hunderte von Krimis vorgelesen habe. Jetzt hat sie nächtens eine Hand aus einem Müllsack hängen sehen, vermutet, dass der Körper zu dieser Hand tot ist, und ist dann auch noch vom Mörder verfolgt worden. Da ihr weder ihr platonischer Freund Leonard noch Kommissar Mark van Bosch Glauben schenken, muss sie den Fall selbst in die Hand nehmen. Dafür besucht sie ein Esoterik-Flirt-Seminar auf einem benachbarten Schloss, an dem der Tote teilnehmen wollte. Dort stolpert sie über die nächste Leiche – und der Herr Kommissar ist not amused.
„Scheiße, was machen Sie denn hier?“, sagt das Opfer zum Mörder. Sicher haben die Autoren sich das komisch gedacht. Doch die Situation funktioniert nicht. Noch nicht. Nachdem die Regie auch das nächtliche Aufeinandertreffen von Meuchelmörder und Hauptfigur vereimert, geht es dann aber beständig bergauf mit dem ersten „Fall für Fingerhut“. Cordula Stratmann feiert in diesem launigen Miss-Marple-Verschnitt ihr Fernsehfilm-Debüt – und das gleich mit der Hauptrolle. Ihrer Art, gesunden Menschenverstand zu verkörpern, der sich um Kopf und Kragen reden kann, ist es zu verdanken, dass man sich nicht permanent an Agatha Christie erinnert fühlen muss. Im Wechsel erinnert man sich an Annemie Hülchrath und gelegentlich auch an die Impro-Comedy „Schillerstraße“. Auch wenn ihre Carla jede Äußerung gerne mit Kommentaren, Rationalisierungen und Banalisierungen versieht und ihr zu jedem Hauptsatz zwei, drei Nebensätze einfallen, schlagfertig kann sie auch sein. Das ist gut getextet (auch die Psychoseminar-Sprache ist vortrefflich), gut gespielt, doch man muss es mögen.
Bleibt der Krimi. „Ein Fall für Fingerhut“ ergeht sich in der klassischen Krimifrage „Wer war’s“? Die Einheit von Raum, Zeit, Handlung und Witz bietet eine leicht nostalgische Grundstimmung, besonders für den, der mit Margarethe Rutherfords Miss Marple oder „Dem Täter auf der Spur“ groß geworden ist. Carla Fingerhut kombiniert, denkt sich zu jedem Verdächtigen ihren Teil und lässt auch den Zuschauer immer wieder an den Interpretationen ihrer Beobachtungen teilhaben. Dabei ist immer das Wie, der komische Subtext, das Wesentliche. Die Krimihandlung ist kaum mehr als ein Vorwand für ein Comedy-Ratespiel mit Mord. Schmunzeln schließt nun einmal Spannungseffekte aus. Und das ist nicht schlimm. Man würde sich auf dem ARD-Unterhaltungstermin am Donnerstag mehr Fälle für Fingerhut wünschen. Das Gespann Cordula Stratmann, Philipp Moog („Sperling“) und Götz Schubert („KDD“) wirkt einfach zwei Jahrzehnte frischer als Ottfried Fischers „Pfarrer Braun“.