Durch Himmel und Hölle

Natalie Wörner & Kai Wiesinger, Matthias Tiefenbacher. Mehr als die Geschichte einer Auslandsadoption

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Foto Rainer Tittelbach

Auslandsadoption als letzte Hoffnung. Es ist ein holpriger Paarlauf von der deutschen Bürokratie bis zu den fragwürdigen Adoptionspraktiken Südamerikas, in dem stimmig ein gesellschaftlich virulentes Thema und eine emotionsreiche Paar-Geschichte erzählt werden. Ein Happy End ist keineswegs vorprogrammiert. Die Stärken des Zweiteilers liegen im Detail. Die grobe Geschichte folgt der Logik des Alltags und den Gefühlslagen des Paares.

„Hinter dem harmonischen Begriff vom Kinderwunsch kann für ein hoffendes Paar die schmerzhafte Realität einer tiefen Verletzung liegen“, so beschreibt der ZDF-Redakteur Daniel Blum die emotionale Situation, in die die Hauptfiguren des Fernsehfilms „Durch Himmel und Hölle“ geraten. Doch die beiden suchen einen Ausweg aus der Kinderlosigkeit. Und sie scheinen ihn in der Auslandsadoption zu finden. Der Film spiegelt einen Trend: Fast ein Drittel aller in Deutschland adoptierten Kinder besitzen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft. Dabei sind prominente Adoptions-Touristen wie Angelina Jolie, Madonna & Co die Avantgarde dieser sich abzeichnenden Popularisierung der Auslandsadoption.

„Durch den ersehnten Himmel der Erfüllung des gemeinsamen Kinderwunsches und durch die quälende Hölle der – weder medizinisch noch juristisch zu überwindenden – Kinderlosigkeit, führt die aufregende Reise dieses Films“, bringt Blum metaphernreich und damit die Tonlage des Films präzise spiegelnd auf den Punkt. Über den Dächern von Hamburg beschließt das nicht mehr ganz junge Paar, Rebecca und Tom Gerling, fortan noch enger zusammenzurücken. Er zückt zwei Ringe, sie hat eine andere frohe Botschaft. „Wir waren im Himmel angekommen“, kommentiert die Heldin die Situation, in der andere Filme nach 90 Minuten abblenden. Nach ein paar Wochen des Glücks beginnt der Gang durch die Hölle: Ein Autounfall verursacht eine Fehlgeburt – die dritte. Rebecca will nicht mehr. „Ich wollte schwanger sein, nicht krank“, erklärt sie Tom und begründet damit, warum für sie jetzt nur noch eine Adoption infrage kommt. Doch mit Ende 30 in Deutschland ein Baby zu adoptieren, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Außerdem haben die beiden eine „schwierige Phase“ durchzumachen. Auch Tom hat Probleme. Jener für seine Frau schicksalhafte Unfall hat auch für ihn unangenehme Folgen: Er hat eine Kunstfehlerklage am Hals. Trotz aller Widrigkeiten rauft sich das Paar zusammen und schöpft neue Hoffnung: sie liegt im fernen Argentinien.

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„Durch den ersehnten Himmel der Erfüllung des gemeinsamen Kinderwunsches und durch die quälende Hölle der – weder medizinisch noch juristisch zu überwindenden – Kinderlosigkeit, führt die aufregende Reise dieses Films“ (ZDF-Redakteur Daniel Blum). Nathalia Wörner und Kai Wiesinger in „Durch Himmel und Hölle“

Auch wenn man zu Beginn des Zweiteilers Schlimmstes annehmen muss: Es ist ein holpriger Paarlauf von der deutschen Bürokratie bis zu den fragwürdigen Adoptionspraktiken Südamerikas, in dem sehr gefällig mit der Stimme der Vernunft, aber auch stimmig ein gesellschaftlich virulentes Thema und eine emotionsreiche Paar-Geschichte erzählt werden. Ein Happy End ist keineswegs vorprogrammiert. Die Stärken von „Himmel und Hölle“ liegen im Detail. Die grobe Geschichte folgt der Logik des Alltags und den Gefühlen des Paares. Dass die Handlung dabei nicht ins Banale trudelt, ist den starken Beziehungsszenen zu verdanken. Ob nun der Haussegen schief oder der Himmel voller Geigen hängt – immer hat man als Zuschauer das Gefühl, einer echten Beziehung zuzuschauen. Der Film erzählt wahrhaftig von den typischen Phasen der Liebe. Regisseur Tiefenbacher: „Wir zeigen gewissermaßen die Reise eines Paares zu sich selbst. Man könnte sagen, zu seinem besseren Ich als Paar.“

Es sind die Schauspieler, die diesem gefühlsträchtigen Stoff Glaubwürdigkeit verleihen, die der Liebe Leben einhauchen und so vom allzu Menschelnden befreien. Natalia Wörner überzeugt als Frau zwischen starkem Wille, Egotrip und weiblichen Selbstzweifeln, zwischen Hoffen und Bangen. Kai Wiesinger spielt seinen Tom als Prototyp des aufgeklärten, verständnisvollen Mannes. Diesen beiläufigen Realismus beherrscht er wie kaum ein anderer seiner Generation hierzulande. Neben den beiden glänzt die Besetzung mit Großen in kleinen Rollen wie Axel Milberg, Matthias Brandt, Thomas Thieme, Hans-Jochen Wagner oder Silke Bodenbender, die beweist, dass sie mehr zu bieten hat als ein makelloses Äußeres. (Text-Stand: 2.4.2007)

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Serie & Mehrteiler

ZDF

Mit Natalia Wörner, Kai Wiesinger, Axel Milberg, Matthias Brandt, Silke Bodenbender, Stephan Kampwirth, Robert Seliger

Kamera: Busso von Müller

Szenenbild: Andreas Rudolph

Schnitt: Dagmar Pohle

Musik: Biber Gullatz, Andreas Schäfer

Produktionsfirma: Network Movie

Drehbuch: Brigitte Blobel, Astrid Völker

Regie: Matthias Tiefenbacher

Quote: 4,60 Mio. Zuschauer (14,4% MA)

EA: 02.04.2017 20:15 Uhr | ZDF

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