Sie heißt Gerda Angerpointer, doch alle nennen die resolute Münchner Taxlerin mit dem losen Mundwerk einfach nur Gerdi. Sie ist Ende 40, hat eine rote Spätachtziger-Jahre-Föhnfrisur und ein strahlendes, für sie einnehmendes Lächeln, in dem sich Naivität und weibliche Intuition treffen. Gerdi ist geschieden, braucht keinen Mann, aber hätte doch gern einen. Immer nur mit krankem Pudel und Autogrammalbum unterwegs ist wenig befriedigend. Schließlich gibt es ja noch „diesen Punkt“ im Leben, diese Sache zwischen Mann und Frau, über die sie mit ihrer Mutter nicht reden kann. Als ihr der gut aussehende, 20 Jahre jüngere Künstler Herbert Brot (wie brotlos) über den Weg läuft, greift sie zu. Endlich scheint ihre unendliche Sehnsucht nach Zärtlichkeit gestillt. Die kleinbürgerliche Träumerin hofft, dass es das Leben endlich gut mit ihr meint. Beruflich besteht da wenig Aussicht: Der Münchner Straßenverkehr bleibt eine Kampfzone. Doch auch privat ereilen die wie ein Backfisch Verliebte Rückschläge in schöner Regelmäßigkeit. Zwar trifft sie Udo Jürgens leibhaftig auf dem Viktualienmarkt, aber dann verliert sie den Führerschein, die Contenance gegenüber ihrem jugendlichen Liebhaber, sie wird beinah vergewaltigt, hält sich für schwanger, überfährt ihren Hund und gedenkt ihrer Jugend, in der sie in Italien einen Schönheitswettbewerb gewonnen hatte. Es bleibt die Erkenntnis: „Man muss immer wieder von vorn anfangen.“
Der „Spiegel“ über „Die schnelle Gerdi“ (45/89):
„Ein weiblicher Single unterwegs zwischen Traum und Alltag, Bravour und Blechschaden, Taxifahrerhochmut und Vergewaltigungsbedrohung. Michael Verhoeven hat es mit seiner Frau Senta Berger in der Hauptrolle geschafft, eine Kategorie in die Serienwelt zurückzuholen, die die parfümfixierten Seifenopern-Sieder, besonders die vom Lerchenberg, in letzter Zeit als zu übelriechend verbannt hatten: die kleine graue Realität der Zweizimmerwohnung, mit Zoff und Zamperl (ihr verfressener Pudel heißt Tinka), Beziehungsstress & vollgekotzten Autositzen.“
„Die schnelle Gerdi“ (1989) zeigt eine eigenständige Frau, Ende 40, die noch etwas vom Leben erwartet. Für sich. Jene Gerda Angerpointer ist keine Mutter der Nation, aber auch keine der zahlreichen Frauen, die ein Jahrzehnt später im TV ihren stereotypen Weg gingen. Diese Frau mit eigenem Taxi ist schräg drauf, unangepasst, widersprüchlich in ihrer Art, sie hat’s nicht mit den Ausländern, aber auch nicht mit den Großkopferten. So wie sie Auto fährt, sportlich („I fahr net schnell, I fahr zügig“), so ist sie auch im Privatleben unterwegs: sie jagt beständig dem Glück hinterher. Das eine bringt Punkte in Flensburg, das andere feuchte Kissen. Nach „Kir Royal“ ebnete „Die schnelle Gerdi“ dem Kinostar Senta Berger endgültig den Weg in die TV-Karriere. Sie selbst schwärmte noch Jahre danach von dieser Rolle: „Die Figur der Gerdi ist mir die liebste unter den vielen, die ich gespielt habe. Vielleicht, weil ich als Gerdi noch einmal ungebremst die Senta von früher sein durfte. Das Vorstadtmädel: spontan, unvorsichtig, ungeduldig – eben ungezähmt.“ Ihr Mann Michael Verhoeven hat ihr die Gerdi auf den Leib geschrieben. Sechs Folgen und gut viereinhalb Stunden lang gewährt er dem Zuschauer Einblicke in den (Familien-)Alltag der Heldin – da berührt die Fiktion das Leben, da dominiert das „Momentum“ über die Geschichte, die Situation über die Dramaturgie. „Unter dem Münchner Zuckerguss ist auch bloß Wanne-Eickel“, schrieb der „Spiegel“. Schön, dass Verhoeven seine Heldin am Ende nicht verrät und auf ein Wohlfühlfinale verzichtet.