Die Rache der Wanderhure

Neldel, Tischendorf, Schweins. Frauen – das stärkere, das weitsichtigere Geschlecht

Foto: Sat 1 / Jiri Hanzl
Foto Rainer Tittelbach

Die Kastellanin Marie auf der Suche nach ihrem geliebten Michel, verfolgt vom schwarzen Ritter. Frauen geben den Ton an in „Die Rache der Wanderhure“. Sie bestimmen die große Politik, sie ebnen den Frieden, sie glauben an einen Gott des freien Willens. Alexandra Neldel, mal mit Löwenmähne, mal als Nonne, mal als Knappe ist die Lichtgestalt des überzeugend inszenierten Films, auch Bert Tischendorf als Ritter ohne Gedächtnis macht eine gute Figur. Eine Idee weniger „Frauenfilm“ als der Sat-1-Überraschungserfolg „Die Wanderhure“.

Marie Schärer (Alexandra Neldel), einst durch eine Intrige zur Existenz als Wanderhure verdammt, lebt nun als Kastellanin von Hohenstein ein ehrbares Leben. An ihrer Seite Michel Adler (Bert Tischendorf), der Sohn eines Schankwirts, aufgestiegen zum Lehnsherrn von Hohenstein. Die erlangte Ritterschaft hat seinen Preis. Als treuer Gefolgsmann von König Sigismund (Götz Otto) muss er für ihn in den Glaubenskrieg ziehen. Von Ritter Falco von Hettenstein (Johannes Krisch) und seinen Handlangern wird er in einen Hinterhalt gelockt – und von einem seltsamen Geschoss am Kopf getroffen. Die Nachricht von Michels Tod erreicht Marie. Sie kann, sie will es nicht glauben. „Ich bin keine Witwe – noch lange nicht“, trotzt sie dem König, der sie wieder verheiraten will, wie es das Gesetz vorsieht. In der Äbtissin Isabelle (Esther Schweins), des Königs Lieblingsmätresse, findet Marie eine einflussreiche Fürsprecherin. Und so gewährt ihr der König zehn Tage, um ihren Liebsten zu finden. Schafft sie es nicht, gehört sie dem Großinquisitor des Papstes (Julian Weigend). Seine Schergen sind schon jetzt her hinter dem Objekt seiner feuchten Träume…

Die Rache der WanderhureFoto: Sat 1 / Jiri Hanzl
Marie (Alexandra Neldel) sehnt sich nach ihrer Familie zurück. Bert Tischendorf

„Die Zeiten ändern sich – eine Frau braucht eine Ausbildung“, wirft Marie gleich zu Beginn ein, während sie sich mit ihrem Liebsten im Schwertkampf übt. „Die Rache der Wanderhure“ versucht sichtlich, die Zuschauer(innen) bei dem Überraschungserfolg von „Die Wanderhure“ (9,75 Mio. Zuschauer) abzuholen. Das Pro-Sieben-Event „Isenhart – Die Jagd nach dem Seelenfänger“, Regie ebenfalls Hansjörg Thurn, machte es anders (besser!) – und bekam mit nur 3,95 Mio. Zuschauern die Quittung. „Frauenaffin“ ist das Stichwort und war das Geheimnis des Erfolgs der Mittelalter-Mär im Herbst 2010. Die Fortsetzung, frei nach dem Roman „Die Kastellanin“ nach Iny Lorentz, beginnt entsprechend hell. Alexandra Neldel mit Löwenmähne und Bert Tischendorf mit Waschbrettbauch im Liebesspiel mit Schwert und spitzer Zunge. Geschlechterkampf in Gottes schöner Natur. Doch dann muss Papi in den Krieg – und der schwarze Ritter, ein Abgesandter des Papstes, schmiedet fürchterliche Intrigen. „Sie ist eine Witwe und Sünderin, ihr ganzes Leben ist eine Verspottung von Gottes Werk“, geißelt er Marie vor dem König, „der Körper dieser Frau ist eine offene Pforte zur Hölle.“ Erst später erfährt man, dass der Inquisitor durch diese Pforte selbst gehen möchte.

Die Rache der WanderhureFoto: Sat 1 / Jiri Hanzl
In der Äbtissin (Esther Schweins) findet Marie (Alex Neldel) eine Fürsprecherin.

„Die Rache der Wanderhure“ zeigt die Frauen als das „stärkere“, das weitsichtigere Geschlecht. Die Frauen bestimmen die große Politik, sie ebnen den Frieden, sie glauben an einen Gott des freien Willens, der Toleranz und der Erkenntnis. Den Ton der Handlung aber geben die Männer an: Intrige, Verschleppung, Mord, Scheiterhaufen, Krieg. Kein Wunder, dass da eine Heldin sich nicht nur mit den Waffen einer Frau behaupten kann. Die Wanderhure ist nicht mehr, es lebe die Ritterin. Die Kastellanin Marie muss in ungewohnte Gewänder schlüpfen, um nicht erkannt zu werden – mal ist sie Nonne, mal Hure, mal Knappe. Das schränkt bisweilen zwar den Liebreiz von Alexandra Neldel ein wenig ein, doch im Rahmen der Geschichte steigert es Maries Identifikationspotenzial. Und zwischendurch darf Neldel dann doch das eine oder andere Mal in Großaufnahme ihr bezauberndes Lächeln lächeln.

Im Gegensatz zur „Wanderhure“ spielt Maries Michel eine gewichtigere Rolle. Ein Mongole rettet ihm das Leben und unterweist ihn in der asiatischen Kampfkunst. Michel Adler wird zu „Nemec“, dem Deutschen, dem besten Krieger. Bert Tischendorf, der im Auftaktfilm gegenüber Neldel wie eine Fehlbesetzung wirkte, macht wie schon in „Isenhart“ nun auch in „Die Rache der Wanderhure“ eine gute Figur als schöner Krieger, der sein Gedächtnis verliert und beinahe mit einer anderen, jüngeren Schönheit, gespielt von Xenia Assenza („Die Verführung – Das fremde Mädchen“), vermählt wird. Ist Neldel auch nach wie vor die Lichtgestalt, so ist die wieder sehr gekonnt inszenierte Fortsetzung der „Wanderhure“ etwas weniger ein Film aus der Sicht der Frauen. Bei Erfolg dürften wohl auch die beiden weiteren Romane der „Wanderhuren“-Saga filmisch dran glauben. (Text-Stand: 16.1.2012)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

Sat 1

Mit Alexandra Neldel, Bert Tischendorf, Esther Schweins, Julian Weigend, Johannes Krisch, Götz Otto, Ill-Young Kim, Nadja Becker, Daniel Roesner, Xenia Assenza, Helmut Berger, Hary Prinz, Julie Engelbrecht

Kamera: Markus Hausen

Szenenbild: Isidor Wimmer

Schnitt: Alarich Lenz

Soundtrack: Nolwenn Leroy („Mna Na H-Eireann / Woman of Ireland“)

Produktionsfirma: Burkert Bareiss, TV60 Filmproduktion

Produktion: Gloria Burkert, Andreas Bareiss, Sven Burgemeister, Andreas Schneppe

Drehbuch: Dirk Salomon, Thomas Wesskamp – frei nach Iny Lorentz

Regie: Hansjörg Thurn

Quote: 8,01 Mio. Zuschauer (25,3 % MA)

EA: 28.02.2012 20:15 Uhr | Sat 1

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach