Zwar erzählt Ralf Kinder auch in „Game Over“ keine außergewöhnliche Krimigeschichte, doch dieser Fall ist eigentlich eine Nummer zu groß für „zwei autodidaktische Privatdetektive“, wie Eisner nicht unironisch, aber in erster Linie fürsorglich anmerkt. Mit wem sie sich da anlegen, können Fuchs und Kilali zunächst natürlich noch nicht ahnen, als ein junger Mann in ihrem Büro vorstellig wird: Max Höfels Freundin ist überfahren worden. Die Polizei geht von einem Unfall mit Fahrerflucht aus, aber Max (Fabian Jaray) ist überzeugt, dass Leonie ermordet worden ist, denn ihre Tasche ist verschwunden. Sie wollte am nächsten Tag nach Kanada fliegen. Eisner hat im Hotelzimmer der jungen Frau 120.000 Euro in bar gefunden, und natürlich fragt sich das detektivische Duo, woher Leonie, die in einer Spielhalle hinter der Theke stand, so viel Geld hat: Mit einer cleveren Idee hat sie die Kombination des Tresors im Büro ihres Chefs herausgefunden. Bereits beim ersten Besuch des Etablissements wird Fuchs und Kilali klar, warum Max’ Onkel Lukas (Erik Klotzsch) den Diebstahl nicht der Polizei gemeldet hat: Die Spielhalle dient offenbar als Geldwäscherei.
Tatsächlich ist nicht nur der Onkel in die Sache verwickelt: Max’ Eltern (Kai Albrecht, Ines Quermann) führen ein Luxushotel, in dem die Familie auch lebt. Alle drei haben sich auf einen Partner eingelassen, der keinen Spaß versteht, wenn ihm eine derartige Summe abhanden kommt. Patrick Höfel (Kai Albrecht) entpuppt sich als Buchhalter des Bösen, der am Ende gar zum Mörder werden soll. Erneut ist es Eisner, der verdeutlicht, um welche Dimensionen es geht, als er gefragt wird, warum nichts gegen die Hintermänner unternommen werde: Die Polizei sei mit Bandenkriminalität, Reichsbürgern und islamistischem Terror vollauf ausgelastet; daher könne, „wer sich zivilisiert und auffällig verhält, im Schatten der anderen gute Geschäfte machen.“ Der gebürtige Ukrainer Mark Zak hat das nötige Format, um diesen Typus zu verkörpern: kultiviert und höflich, aber ohne zu Zögern skrupellos, wenn es nötig sein sollte; und ein Arbeitgeber, bei dem man nicht einfach so kündigen kann.
Foto: Degeto / Martin Rottenkolber
Die Inszenierung (erneut Katrin Schmidt) ist wie schon bei „Alte Sünden“ harmlos und unauffällig, beide Filme wirken ohnehin sehr sparsam. Die Bildgestaltung (Markus Schott) ist allerdings sorgfältig. Außerdem gibt es diesmal ein Finale mit Schießerei und SEK-Einsatz. Am reizvollsten sind trotzdem die moralphilosophischen Exkurse, etwa, als Fuchs die Rechtfertigung von Max’ Vater mit einem Brecht-Zitat kontert: „Reicher Mann und armer Mann standen da und sah’n sich an. Da sagt der Arme bleich: Wär’ ich nicht arm, wärst du nicht reich.“ Sympathisch ist auch ein kleiner Wettstreit zwischen Eisner und Kilali, die ihre Expertise beim komplizierten Zusammensetzen von Möbelstücken beweisen wollen. Für Eisner ist das mehr als bloß eine Gefälligkeit, wie ein hübscher doppeldeutiger Dialog andeutet, aber natürlich platzt Kilali just vor dem ersten Kuss ins traute Tête-à-Tête. Ähnlich interessant wie im letzten Fall sind die digitalen Tricks des Duos, mit deren Hilfe sie die Alarmanlage der Spielhalle ausschalten oder Max’ Mutter Marina mit einer Fake-SMS dazu bringen, sie unfreiwillig zum Versteck ihres Bruders Lukas zu führen.
Fans der Reihe können sich zudem über ein kurzes Wiedersehen mit Florian Bartholomäi freuen, selbst wenn der Sohn der Füchsin nur als Traumfigur mitwirkt: Florian ist auf dem Weg in den Süden geblitzt worden, Eisner hat ihr ein entsprechendes Foto gezeigt, und die Mutter kann sich der Hoffnung hingeben, dass ihr Sohn, nach dem sie jahrzehntelang gesucht hat und der schließlich zum Mörder wurde, gemeinsam mit seiner Freundin einen langgehegten Wunsch verwirklicht. Ärgerlich ist hingegen, dass Fuchs und Kilali auch in „Game Over“ wieder mehrfach das Offensichtliche beim Namen nennen müssen; selbst Kinderkrimis trauen ihrem Publikum mehr Sachverstand zu. (Text-Stand: 11.1.2023)