Nach dem Massenmörder Haarmann ist Götz George nun schon wieder in seinem Element – und gibt einen pathologischen Charakter: Er spielt einen Prostituiertenmörder. „Dieser Henry Kupfer ist aber auch ein intellektueller Schriftsteller“, so George. „Ein ernsthafter, sehr geheimnisvoller Mensch.“ Kupfer und Haarmann zu spielen waren für George zwei sehr unterschiedliche Aufgaben. „Totmacher“ entstand nach Originalprotokollen eines Gerichts-Psychiaters. „Jeder Satz ist so gesprochen worden, jede Bewegung wurde protokolliert.“ Beim fiktiven Kupfer seien die Gestaltungsmöglichkeiten ungleich größer gewesen.
Wie RTL mit einem seiner ersten TV-Movies, „Tödliche Lüge“ (2003), die Gesetze privater Sensationsshows zur Schau stellte, so kommt nun auch RTL 2 selbstreferentiell: Die Redaktion einer der üblichen Blut-Schweiß-Tränen-Talkshows bemüht sich, den schreibenden Salon-Knacki Henry Kupfer live ins Studio zu bekommen. Er ist der Richtige, weil ein Prostituiertenmörder umgeht – und weil Kupfer in jungen Jahren selbst eine Hure getötet hat. Außerdem schreibt er mit Vorliebe Bücher über Serienkiller. Je länger die ehrgeizige Redakteurin recherchiert, desto mehr wächst in ihr die Gewissheit, dass Kupfer noch weitere Morde begangen hat. Sie will ihn rankriegen: live, in der Show, vor einem Millionenpublikum.
Das dichte Drehbuch zeichnet ein stimmiges Bild der jungen Redakteurin und entwickelt ein faszinierendes Psychogramm des obsessiven, charismatischen Schriftstellers. Die Spannung steigert sich von Minute zu Minute, je infamer die journalistischen Methoden, umso pathologischer erscheint Kupfer. Was Nico Hofmann aus der Vorlage macht, ist modernes, rasantes Thriller-Fernsehen, wie man es bisher noch nicht zu sehen bekam. Von der Schauspielerführung bis zur Farbdramaturgie – ein Glanzstück. „Die pervers-erotische Annäherung zwischen Kupfer und dem Mädchen, diese anzügliche Liebesgeschichte, hat mich vor allem am Drehbuch gereizt“, so Hofmann. Drehbuchautor Matthias Seelig ging es indes mehr um die medialen Perversitäten. Hofmann: „Das Buch las sich wie ein einziger böser Seitenhieb gegen RTL.“ Auch das konnte er gut vertreten – hatte er sich doch mit dem Kölner Sender nach der ersten „Balko“-Staffel überworfen. (Text-Stand: 7.10.95)