Was würde dieser Mann für einen vortrefflichen Bösewicht abgeben! Dabei ist Walter Sittler ein in höchstem Maße liebenswürdiger Mensch. Aber er hat die Gabe, selbst einem Butler aristokratische Züge zu verleihen. Und wenn seine Figuren, was selten vorkommt, ihre arrogante Seite rauskehren, dann kann man sich den gebürtigen Amerikaner prima als schurkischen Drahtzieher vorstellen. Bislang hat’s allerdings bloß zum Gentleman-Gauner „Der Fuchs“ (Sat.1) gereicht, weil Sittler seit „girl friends“ (ZDF) und „Nikola“ (RTL) immer wieder ganz ähnliche Rollen spielen muss; und selbst die Sat.1-Reihe wird nicht fortgesetzt.
Auch für den „Mustervater“ ist Sittler als Komödiant engagiert worden. Der Film trägt diesen Titel jedoch bloß, weil es sich um eine Fortsetzung handelt, denn in Wirklichkeit geht es vor allem um die Rolle des Sohnes. Stefan Herrlich wird mitten im beruflichen Höhenflug unsanft gebremst: Seine Mutter ist gestorben. Sie war der einzige Mensch, der es mit seinem Vater ausgehalten hat. Der Grantler ist ein pensionierter Bilderbuchpauker, der ständig mit lateinischen Zitaten um sich wirft, viel Wert auf Zucht und Ordnung legt und seine Mitmenschen grundsätzlich für unfähig hält; eine Rolle also, in der man sich Sittler (Jahrgang 1952) mit siebzig gut vorstellen kann. Joost Siedhoff macht seine Sache aber nicht minder prima, muss sich den Part des heimlichen Stars allerdings mit Paula Hartmann teilen, die als Stefans kleine Tochter Leni bestens geführt worden ist und einige köstliche Dialogzeilen hat. Die drei Kinder der Herrlichs rücken bereitwillig zusammen, um Opa in den Schoß der Familie aufzunehmen. Der alte Herr hat zwar nach eigener Ansicht alles unter Kontrolle, aber auch beinahe sein Haus abgefackelt, als er zum ersten Mal in seinem Leben ein Bügeleisen in die Hand genommen hat. Dummerweise sind Stefan und Gattin Ines so mit ihren Karrieren beschäftigt, dass der rüstige Rentner auch unter ihrer Obhut allerlei Unfug treiben kann.
Foto: Sat 1
Die Geschichte von Silke Zertz mag im Großen und Ganzen wenig Welt bewegend sein. Trotzdem macht der Film viel Vergnügen, weil die Figuren ausnahmslos liebenswert sind; selbst der schrullige Opa, auch wenn er ein Korinthenkacker ist, der Leni aus Caesars „De bello gallico“ zitieren lässt. Ihre Dynamik verdankt die Geschichte der Vorliebe von Regisseurin Dagmar Hirtz, die Handlung mit filmischen Mitteln voranzutreiben: Gerade noch hat sich Stefan vehement dagegen gewehrt, dass seine Mutter „unter irgendeiner Buche verscharrt wird“, da ist die Trauergemeine nach dem Schnitt im Wald versammelt. Dass sich die (allerdings nur vorübergehende) Ruhestätte unter einer Eiche befindet, ist auch kein Trost. Am Ende landen alle Herrlichs wie zu erwarten doch noch friedlich unter einem Dach; Bahn frei für den dritten Teil (zu dem es leider bis 2013 nicht gekommen ist).