Nach 20 Jahren Koma heißt es für Mick Brisgau „Hello again“. Der Essener Vollblut-Macho ist wieder aufgewacht, hängt aber noch den alten Zeiten nach. Handy, Internet, Autoöffner – eine verrückte Welt. Und diese „Pappnase“, die man ihm als neuen Kollegen an die Seite gegeben hat, findet er nur zum Wiehern. Weniger komisch, dass seine Frau ihn nicht mehr liebt, einen neuen Mann hat – ausgerechnet der Gerichtsmediziner, mit dem Mick zusammenarbeiten muss. Schwer nehmen ihn auch die Begegnungen mit seiner Tochter mit: gerade noch ein Baby und schon eine junge Frau! Und dann diese Psychotante, die ihn so seltsam anguckt und sich echauffiert, wenn er ihr freundschaftlich in den Hintern kneift. Gewöhnungsbedürftig, dieses Jahrtausend! „Freddy Mercury ist tot? Der war schwul?“, wundert sich Brisgau und kann es nicht fassen. Die Welt ist seltsam und ungerecht sowieso. Wer weiß das besser als er: 20 Jahre Koma, 20 verlorene Jahre. Auch bei seinem Job merkt er, wie schnell alles gehen kann. Die Täter sind oft auch Opfer, alte Freunde Mörder.
Foto: Sat 1
Henning Baum ist „Der letzte Bulle“. Frei nach der britischen Kultserie „Life On Mars“ stapft er noch ziemlich selbstzufrieden durch die ersten drei der 13 Folgen der neuen Sat-1-Serie, doch Baum verspricht, dass die Serie ab Folge fünf „so richtig abgeht“. Komödie, Krimi, Märchen – das sind die Genres, die einige Jungautoren der Ludwigsburger Filmakademie auf vergnügliche Art und Weise zusammengeschweißt haben. Dabei zielen sie auf mehr ab als nur den vergnüglichen Style-Clash zwischen den Jahrzehnten. Denn die Hauptfigur ist mehr als eine männliche Pop-Ikone der 1980er Jahre, er ist zudem noch ein echter Kerl, ein kerniger Ruhrpottkumpel, ein Macho aus Überzeugung, weil er es schließlich nicht anders kennt.
Es bleibt abzuwarten, ob dieser vermeintlich ungebrochene Held sich entwickeln und sich der neuen Zeit öffnen wird. Brisgau hat das Potenzial zum Strahlemann, aber sein Schicksal ist ein zutiefst tragisches. Der Mix aus Pop und Psychologie, aus coolen Sprüchen und berührenden Momenten funktioniert in den ersten Folgen schon recht gut – besser als der Mix aus Krimi und privater Schicksalsgeschichte. Die Krimifälle scheinen sich zwar zu steigern, aber das Besondere an „Der letzte Bulle“ ist eindeutig die tragikomische Heldengeschichte. Das liegt auch an Henning Baum, der in bestechender Spiellaune ist, die Rolle an sich reißt und der – wie in der Serie – beide Geschlechter begeistern dürfte. Die gut getimten Sprüche sind nicht nur flockig-locker, primitiv derb und oft politisch unkorrekt, in ihnen steckt auch Charakter und Lokalkolorit. Von Letzterem freilich hätte es gern noch etwas mehr sein dürfen.