Mit Krimiserien wie „Der Kriminalist“, „Kommissar Stolberg“, „KDD – Kriminaldauerdienst“ oder „Flemming“ hat sich das ZDF endgültig von der Generation Derrick verabschiedet. Die Serie um Bruno Schumann, den Berliner Viktimologen, den Vertreter einer Ermittlungsschule, bei der nach den Spuren des Täters in der Biographie des Opfers gesucht wird, ist die erfolgreichste der vier Freitagsserien, die sich stärker am amerikanischen Knowhow als am „Alten“ orientieren. Das ist nicht leicht bei einem Sender, dessen Zuschauerdurchschnitt bei 61 Jahren liegt. „Der Kriminalist“ schafft es, weil Christian Berkels „sensible Glatze“ (Spiegel) nicht nur ein Fachmann neuer kriminologischer Methoden ist, sondern auch ein TV-Sympath allererster Güte.
2006 startete die Serie, mittlerweile befindet sie sich in der 6. Staffel (Folge 37-40). Der viktimologische Ansatz hat sich ein wenig verlaufen, die Psychologie der Täter und Opfer spielt aber nach wie vor die entscheidende Rolle. Schumann ist und bleibt einer, der sich einfühlt. Einer, der verstehen will, und einer, der es gerne sehen würde, wenn man den Gestrauchelten, die immer auch Opfer sind, eine zweite Chance geben würde. „Ich will begreifen“, sagt er in der Auftaktfolge „Amok“, „jage ich einen Mörder auf der Flucht oder einen Junkie, der gerade seine Mutter verloren hat?“ Der hohen Konzentration des markanten Kommissars entspricht die konzentrierte Machart der Serie. Schnell kommt „Der Kriminalist“ zur Sache. Schon am Tatort ist dieser Schumann rasch im Bilde. Die Filmsprache tut es ihm gleich.
Es ist nicht immer zwingend, wenn Kamera und Montage „CSI“-like verrückt spielen. Es sieht aber gut aus und sorgt für Abwechslung und ein paar emotionale Kicks beim Zuschauer. Allein das Sounddesign verselbständigt sich in einer Art und Weise, die gelegentlich nervtötend statt stimulierend ist. Fazit: „Der Kriminalist“ ist eine feste Größe am Freitagabend. Einstündige Krimis mit Hand und Fuß, dichte Mördersuche – klare Bücher, stimmig-stimmungsvolle Inszenierung, gute Schauspieler, die für Serienverhältnisse allerhand zeigen dürfen. Und im Zentrum der Geschichten aus dem Berliner Schmelztiegel stehen Menschen, die in einer Welt leben, die längst nicht mehr so überschaubar ist wie die von Stephan Derricks München.