Der Beruf des Heiratschwindlers ist auch nicht mehr das, was er einmal war. Die Betriebsausgaben steigen ob der Ansprüche der Damen ins Unermessliche und unterm Strich springt viel zu wenig dabei heraus. Vor allem, wenn man nicht allein ist. Herbert Krugschenk könnte aber ohne seinen „Schnuck“ das alles gar nicht mehr durchstehen. „Nimm das rote Hemd, du musst heute Zuversicht ausstrahlen“, brieft ihn seine bessere Hälfte am Morgen oder sie kitzelt sein angeknackstes Ego: „Du hast einfach eine Anzugsfigur!“ Doch insgesamt ist der alte Schwung hin – auch in der Ehe. Marta, die ihm seit Jahrzehnten treu zuarbeitet, fühlt sich immer weniger beachtet. Als sie sich eine Auszeit von Herbert nimmt, sieht der sich zu Höherem berufen. Vielleicht muss er ja nur sein Jagdrevier wechseln. Seine Rechnung: Größere Investitionen ergeben einen gesteigerten Ertrag. Mit Sohn Sigi, von ähnlicher krimineller Energie wie der Vater beseelt, aber ohne dessen Schlag bei Frauen, will Herbert in einem Grandhotel in der Schweiz auf Witwenfang gehen. Sigi mimt den Chauffeur, hat bald aber nur noch Augen für die schöne Frau in Schwarz, die ihren Vater beerdigt hat.
Armin Rohde über das Alltägliche der Komödie:
„Mit Partnern wie Gisela Schneeberger und Detlev Buck und auch einem Regisseur wie Manfred Stelzer spielen sich die Szenen mit einer Leichtigkeit, als hätten wir unser Leben tatsächlich gemeinsam gelebt. Besonders reizvoll fand ich es, einen Schwerkriminellen so zu spielen, als sei das alles das Selbstverständlichste der Welt und mit einem bürgerlichen Leben ohne Probleme zu vereinbaren.“
Die Konjunktur schlägt offenbar auch auf das Gaunergewerbe durch. In Zeiten von Internet und Dating-Portalen den Lebensabenddieb zu geben – das ist wahrlich kein Zuckerschlecken mehr. „Das muss ich alles nicht mehr haben; das brauche ich nicht mehr“, kommentiert Herbert Krugschenk allabendlich seine täglichen Ausflüge ins amouröse Geschäftsleben. In „Der Heiratsschwindler und seine Frau“ schleichen sich bei der männlichen Titelfigur leise ein kleiner Burnout und eine dezente Ehekrise ein. Heiratsschwindler sind auch nur Menschen… Das ist eine wunderbare Ausgangsidee für eine TV-Komödie. Wenn dann auch noch die famosen Hauptdarsteller Armin Rohde, Gisela Schneeberger und Detlev Buck so spielen, als wären ihr krimineller Alltag und das geschäftsmännische Doppelliebesleben das Normalste von der Welt, dann bekommt das Ganze schon einen tieferen Sinn. Dass da zwischendurch auch Klamauk sein darf – na klar! Bei 1A-Mimen bis in die kleinste Rolle macht das immer Laune – auch wenn man bisweilen – gerade durch die große Klasse der Schauspieler (Melles, Kogge, Neuhauser) noch etwas mehr in einigen Situationen erwartet.
Redakteur Daniel Blum über die Zukunft des Heiratsschwindlers:
„Sollte die schöne Figur des Heiratsschwindlers also demnächst aus Filmen und Literatur verschwinden, wird es daran liegen, dass ihre Aufgabe, emotional bedürftige Witwen lustvoll um ihr Hab und Gut zu bringen, inzwischen in der Fiktion und in der Realität von Investment-Bankern und Anlage-Beratern übernommen wird. Die leisten wirklich ganze Arbeit – nur so recht komödienfähig ist deren Tun dann eigentlich nicht mehr.“
Die wunderbaren Hauptcharaktere tragen im Verbund mit der originellen Krisen-Variante, der absurden Ehe-Situation, den derb-ulkigen Spiel-im-Spiel-Situationen und dem überzeugenden Ensemble „Der Heiratsschwindler und seine Frau“ ins zweite Drittel der 90 Minuten. Bevor dieses Potenzial völlig ausgereizt ist, verordnet der Autor Thomas Oliver Walendry der Handlung den verdienten Klimawechsel. Das ist alles hübsch anzusehen, man ahnt auch, wohin das Ganze führen könnte, aber nicht alles bei dieser typischen Stelzer-Komödie ist dramaturgisch zwingend. Vom Genre her ist dem Film, der ja keine Romantic Comedy ist (bei der das Sicheinanderkriegen erwartungsgemäß am Ende steht), wenig Zielgerichtetheit gegeben. Den nötigen „Flow“ muss man einer Komödie „strukturell“ einimpfen – durch Running Gags, durch Wiederholungen, Andeutungen, Projektionen, durch Dialoge, die sich aufeinander beziehen etc. Da hätte Walendry ruhig noch mehr Register ziehen können. Ein typisches Komödien-Manko. Strukturell arbeiten können hierzulande richtig gut nur Sitcom-Autoren. Denen wiederum fehlt oft das Gespür für den Tiefgang der Figuren, ein Tiefgang, der in dieser letztlich doch gelungenen Komödie bei aller Leichtigkeit wunderbar durchschlägt.