Der beste Papa der Welt

Mommsen, Gull, Bigler. Bewährtes sympathisch & mit einem Augenzwinkern serviert

Foto Tilmann P. Gangloff

Weil dem Komödiengenre „Plötzlich Papa” nicht mehr viele neue Seiten abzugewinnen sind, wird die Herausforderung in der deutsch-österreichischen Koproduktion „Der beste Papa der Welt“ (Degeto, ORF / Mona Film, Tivoli Film) kurzerhand potenziert: Anstatt wie geplant ein Jahr die Welt zu umsegeln, muss sich Star-Chirurg Clemens um die drei Kinder seiner plötzlich verstorbenen Schwester kümmern. Markus Gulls Drehbuch wirkt zwar wie eine Kombination vieler bekannter Versatzstücke, aber der Autor hat sie immerhin clever und sehr unterhaltsam zusammengesetzt. Sehenswert ist der von Sascha Bigler inszenierte Fernsehfilm vor allem wegen des Ensembles. Gerade die Kinder sind ausgezeichnet ausgesucht und geführt, und Oliver Mommsen, ohnehin von Natur aus ein sympathischer Typ, ist eine prima Besetzung für den Titelhelden, der erst einmal in seine neue Rolle hineinwachsen muss.

Das Erzählmuster „Plötzlich Papa“ bietet nicht viele Variationsmöglichkeiten, zumal die Autoren meist nach einem größtmöglichen Kontrast suchen. Deshalb ist die Ausgangslage dieser Geschichten in der Regel recht ähnlich: hier der Playboy, der sein ungebundenes Single-Leben genießt; dort ein Dasein mit mehr oder weniger kleinen Kindern, um die er sich von heute auf morgen kümmern muss. Innerhalb dieser Vorgaben gibt es einen gewissen Spielraum, weil einige Variablen austauschbar sind. In Kinofilmen wie Coline Serreaus Prototyp „Drei Männer und ein Baby“ (1985) oder der Komödie „Plötzlich Papa“ (2016), ebenfalls aus Frankreich, sind es Väter, die von einer früheren Zufallsbekanntschaft mit dem Ergebnis der damaligen Begegnung konfrontiert werden. Im deutschen Fernsehfilm handelt es sich indes bis auf wenige Ausnahmen („Vater aus heiterem Himmel“, 2010, ZDF) in der Regel um Neffen & Nichten („Die Kinder meines Bruders“, 2016, ARD); streng genommen müsste das Genre hierzulande „Plötzlich Onkel“ heißen (eine weitere Variante ist „Plötzlich Opa“).

Der beste Papa der WeltFoto: Degeto / Philipp Brozsak
Wie lange das wohl noch gut geht mit den beiden? Oliver Mommsen & Hilde Dalik

Weil es nicht leicht ist, dem Handlungsschema noch neue Seiten abzugewinnen, hat Autor Markus Gull erst mal die Herausforderung erhöht: In der Komödie „Der beste Papa der Welt“ muss sich ein Mann um gleich drei Kinder kümmern; dabei will Clemens Hoffmann (Oliver Mommsen) eigentlich ein Sabbatjahr einlegen und die Welt umsegeln. Er ist eine Art Star-Chirurg an einer Privatklinik, die Abschiedsfeier ist gleichzeitig die Einführung seines Nachfolgers. Kaum sind die Gläser geleert, erfüllt sich John Lennons berühmte Erkenntnis „Leben ist das, was passiert, während du dabei bist, andere Pläne zu schmieden“: Seine Schwester Doro stirbt bei einer Gasexplosion in ihrem Haus. Sie hinterlässt einen Haufen Schulden, eine Teenagertochter & zwei kleinere Kinder; der Vater hat sich vor Jahren aus dem Staub gemacht, ohne eine Spur zu hinterlassen. Das Trio kommt erst mal zu Tante Karin (Eva Herzig); Clemens’ Schwägerin hat sich ohnehin immer schon Nachwuchs gewünscht. Bei ihr würde es den Kindern materiell an nichts fehlen, aber sie müssten ein Dasein im goldenen Käfig führen; also trifft Clemens wenig überraschend eine folgenschwere Entscheidung.

Natürlich muss der Wandel vom Playboy zum Papa nachvollziehbar sein. Deshalb ist Oliver Mommsen, ohnehin ein von Natur aus sympathischer Typ, eine naheliegende Besetzung: Clemens, von Freunden und Kollegen „Doc“ genannt (und von einem früheren Chef weniger respektvoll „Doc Hollywood“), hat einen guten Draht zu Neffe und Nichten; sie passen halt bloß nicht in sein Leben, von der Weltreise ganz zu schweigen. Dass er dennoch über seinen Schatten springt, liegt an Karins schnöseligem Mann: Arthur (Philipp Hochmair) wäre bereit, Doros Schulden zu übernehmen, und macht keinen Hehl daraus, dass das für Clemens doch ein ausgezeichneter Deal sei. Wie immer in solchen Fällen genügen zwei Sätze – einer über das Ballspielen im Haus, der andere über den Haarschnitt des Jungen –, um die triste Zukunft zu verdeutlichen, die die Kinder beim Ehepaar Donnersberg zu erwarten hätten. Fortan kreist der Film, ebenfalls nicht gerade unvorhersehbar, um die Frage, wie sich Clemens in der neuen Rolle zurechtfindet. Zum Muster praktisch aller dieser Geschichten gehört auch, dass der Vater wider Willen nie richtig erwachsen geworden ist und zum ersten Mal in seinem Leben Verantwortung übernimmt. Und weil Kinder eine Mutter brauchen, muss selbstredend eine Frau ins Spiel kommen. Clemens ist seit Jahren mit Susa (Hilde Dalik) liiert, teilt aber nicht Tisch und Bett mit ihr. Sie hätte gern eine Familie mit ihm gegründet und ist entsprechend verbittert, als er das nun ganz ohne ihre Mitwirkung hinbekommt. Ersatz naht alsbald in Gestalt von Lokalbesitzerin Marion (Doris Schretzmayer), die dem „Doc“ allerlei unbequeme Wahrheiten um die Ohren haut; ein untrügliches Indiz in jeder romantischen Komödie.

Der beste Papa der WeltFoto: Degeto / Philipp Brozsak
Das Kindeswohl ist eine ernste Angelegenheit. Nimmt Clemens Hoffmann (Oliver Mommsen) das Sorgerecht für Kristina (Alice Prosser), Judy (Isabel Steszgal) & Benni (Felix Staudigl) an? Na klar, der Playboy will offenbar endlich erwachsen werden.

Obwohl „Der beste Papa der Welt“ also bloß die Kombination sattsam bekannter Versatzstücke ist, macht der Film dennoch großen Spaß. Das dürfte nicht zuletzt eine Frage der Regie sein: Sascha Bigler hat schon mit seinem Regiedebüt „Meine Schwester“ (2013) gezeigt, dass er nicht bloß der Sohn von Christiane Hörbiger ist. Mit seinen beiden sehenswerten „Kommissar Pascha“-Episoden und der „München Mord“-Folge „Die ganze Stadt ein Depp“ ist er vorübergehend zum Spezialisten für humorvolle Krimis mit viel Lokalkolorit geworden. Gemessen daran ist die Degeto-Komödie ein eher braver Film, der vor allem von der Arbeit mit dem Ensemble lebt.

Natürlich entspricht das Ehepaar Donnersberg allzu sehr dem Klischee der bösen Stiefeltern, die sich das Maul über die Verstorbene zerreißen („Man will ja nicht schlecht reden, aber…“), doch es soll ja vor allem einen Gegensatz zu Clemens darstellen. Der wiederum hat ein typisches Junggesellendomizil mit Tischfußball und Segelboot gleich neben dem Esstisch. Er ist zwar überzeugt, dass das Experiment im Chaos enden wird, was es zunächst auch tut, aber sein bester Freund Florian (Hary Prinz) empfiehlt ihm, die Kinder als Geschenk des Himmels und als Chance zum Wendepunkt zu betrachten. Während er diesen lebensklugen Rat gibt, trägt er ein eine Pappkrone und ein pinkfarbenes Röckchen über der Hose; dank solcher Details gelingt es Gull und Bigler regelmäßig, dem Film eine ironische Note zu geben. Eine ähnlich kantige Figur ist Clemens’ mütterlich strenge Chefin (Krista Steiner), die ihn mit einem Klaps ins Sabbatjahr verabschiedet und ihm später klarmacht, dass Wegrennen und Bockigsein keine Lösung sind. Vorzüglich geführt sind auch die stets natürlich und glaubwürdig wirkenden Kinder, wobei Alice Prosser als der Wortführerin des Trios naturgemäß eine besondere Rolle zukommt. Dank der darstellerischen Leistungen und der vielen witzigen Dialoge fällt auch der Tribut an den Sendeplatz nicht weiter ins Gewicht: Die deutsch-österreichische Koproduktion ist in Krems an der Donau und mit regionalen Fördermitteln entstanden; selbstredend musste Bigler dafür sorgen, dass die schöne niederösterreichische Landschaft nicht zu kurz kommt. (Text-Stand: 15.11.2019)

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Fernsehfilm

ARD Degeto, ORF

Mit Oliver Mommsen, Alice Prosser, Hilde Dalik, Doris Schretzmayer, Eva Herzig, Philipp Hochmair, Hary Prinz, Felix Staudigl, Isabel Steszgal, Krista Stadler

Kamera: Ralf K. Dobrick

Szenenbild: Hubert Klausner

Kostüm: Christine Ludwig

Schnitt: Brigitta Tauchner

Musik: Roman Kariolou

Soundtrack: Billie Holiday („Stormy Weather“), Johnny Thunder („I’m Alive“) Stefan Kruppa, Sascha Schwingel (Degeto), Nina Fehrmann-Trautz, Andrea Bogad-Ragatz (ORF)

Produktionsfirma: Mona Film, Tivoli Film

Produktion: Thomas Hroch, Gerald Podgornig

Drehbuch: Markus Gull

Regie: Sascha Bigler

Quote: 4,83 Mio. Zuschauer (16,8% MA)

EA: 13.12.2019 20:15 Uhr | ARD

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