Der Andi ist wieder da

Nicholas Reinke, Kranz, Prückner, Stauch, Friederike Jehn. Was hat ihn bloß so ruiniert?

Foto: SWR / Alexander Kluge
Foto Thomas Gehringer

Andi gilt in seinem kleinen, badischen Heimatort als erfolgreicher Architekt, der in Berlin sein Glück gemacht hat. In Wahrheit kehrt er aus purer Geldnot zu seiner Familie zurück, wo ihn der schweigsame Vater, ein zorniger Bruder und eine nicht aufgearbeitete Tragödie erwarten. „Der Andi ist wieder da“ ist ein ambitioniertes Heimat- & Familiendrama, das auf eine höhere Moral und allzu viel Harmonie verzichtet, aber die Erwartungen nicht ganz erfüllen kann. Die anfängliche Leichtigkeit geht mit der Zeit verloren. Ungewöhnlicher Soundtrack. Ermüdende Dialoge. Das Interesse für Figuren und Geschichte wird nicht ausreichend geweckt.

Andi (Nicholas Reinke) ist pleite. „Was hat dich bloß so ruiniert“, spielt passenderweise die Band „Die Sterne“, während der Berliner Architekt ohne zu zahlen aus einem Café flüchtet und mit seinem Auto mangels Benzin im Nirgendwo strandet. Immerhin ist es nicht mehr weit bis zu seinem Heimatort. Andi platzt in die Geburtstagsfeier seines Vaters Peter (Tilo Prückner), der kaum Notiz von ihm nimmt. Und sein Bruder Michael (Michael Kranz) reagiert geradezu feindselig. Beide rackern, um das Überleben des familiären Handwerksbetriebs zu sichern, und sind schon deshalb nicht gut auf Andi zu sprechen, weil der sich nur selten in den vergangenen Jahren blicken ließ. Ganz auf der Seite des Heimkehrers befinden sich dagegen Mutter Hilde (Tatja Seibt), Andis jüngerer, geistig behinderter Bruder Ecki (Emanuel Fellmer) und Michaels Frau Kathi (Dagmar Leesch).

Die Protagonisten-Schar wird also gleich mal übersichtlich sortiert. Und auch sonst beginnt „Der Andi ist wieder da“ durchaus kurzweilig. In einer griffigen Rückblende wird von Andis Scheitern in Berlin erzählt. Sein Entwurf für einen Museums-Neubau hat den ersten Preis gewonnen, doch gebaut werden soll der im Wettbewerb zweitplatzierte Entwurf. Vor der Tür verbrennt Andi frustriert sein Modell. „Ich überprüfe, ob ich auch an alle Brandschutz-Vorschriften gedacht habe“, erläutert er seiner Freundin und Kollegin Anne (Anne von Keller), mit der er sich einige humorvolle Wortwechsel liefert. Am nächsten Tag erhält Andi auch noch die fristlose Kündigung für seine schicke Atelierwohnung. Alle Versuche, anderswo unterzukommen, scheitern. Als einziger Ausweg bleibt die Rückkehr in die ungeliebte Heimat. Dort künden die altmodische Einrichtung und die gelbstichigen Bilder von einem Provinzmief, den Andi gerne hinter sich gelassen hätte. Dass er pleite ist, behält er lieber für sich.

Der Andi ist wieder daFoto: SWR / Alexander Kluge
Der durch einen Unfall geistig geschädigte Ecki (Emanuel Fellmer) hängt sehr an seinem Bruder Andi (Nicholas Reinke).

Hinzu kommen Schuldgefühle nach einem Ereignis in der Jugend, das zum Zerwürfnis mit dem Vater geführt hat. In der bisweilen etwas zähen Inszenierung zieht es Andi immer mal wieder zu einem kleinen See – der Handlungsstrang um die Tragödie der Vergangenheit wirkt in die Länge gezogen, bis Vater und Sohn endlich miteinander ins Gespräch kommen. Ermüdend auch die zahlreichen, sich wiederholenden verbalen Scharmützel zwischen den Brüdern: Der Spaß an den Klischees vom feinen Architekten aus Berlin und dem schmutzigen Provinzmalocher verbraucht sich schnell. Man wird nicht warm mit diesen Figuren, was an der Regie und dem wenig mitreißenden Spiel der Darsteller liegt. Nur Tilo Prückner in seiner Paraderolle als schweigsamer, knurriger Kauz hat das Glück, dass seine Figur auch ohne angestrengt originelle Dialoge komisch erscheint.

Die erkennbaren Ambitionen kommen deshalb nur bedingt zur Geltung. Eher TV-untypisch ist, neben dem ungewöhnlichen Soundtrack, dass sich nicht alles in heimatliche Harmonie und Wohlgefallen auflöst. Oder dem Publikum, etwa durch die Identifikation mit einem Sympathieträger, irgendeine höhere Moral ans Herz gelegt wird. Hauptfigur Andi, der anfangs aufrecht wirkende und nur vom Pech verfolgte Einzelkämpfer, entwickelt sich sogar immer mehr zu einer unsympathischen Figur. Er klaut das Schwarzgeld der Familie, obwohl er von den finanziellen Engpässen des familiären Betriebs weiß. Mit Kathi, seiner Ex, die nun mit Michael verheiratet ist und durch eine reichlich naiv anmutende Vorstellung vom großartigen Leben in Berlin irritiert, bändelt er ebenfalls wieder an. Das schlechte Gewissen wegen des Bade-Unfalls seines Bruders Ecki nimmt man ihm zwar einigermaßen ab, doch vor allem ist Andi ein Enddreißiger, der in Selbstmitleid versinkt. Dazu der beständig trinkende Vater und der zornige Michael, der vor lauter Arbeit und Geldsorgen Ehefrau und Sohn vernachlässigt. Allein der durch einen Unfall geschädigte Ecki ist immer gut gelaunt: „Es ist ja nichts passiert“, sagt er einmal zu Andi. Es werden viele Motive und Aspekte angerissen in diesem tragikomischen Familien- und Heimatdrama, nur richtig interessant wird es nicht. Die hübsche Schluss-Pointe mit Opas Testament hat immerhin wieder etwas von der Leichtigkeit, die dem Film zwischendurch verloren gegangen ist. (Text-Stand: 22.2.2015)

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Fernsehfilm

SWR

Mit Nicholas Reinke, Michael Kranz, Tilo Prückner, Tatja Seibt, Dagmar Leesch, Emanuel Fellmer, Anne von Keller

Kamera: Jürgen Carle

Schnitt: Saskia Metten

Musik: Thomas Mehlhorn

Soundtrack: Die Sterne („Was hat dich bloß so ruiniert“), Gisbert zu Knyphausen („Sommertag“), Kid Kopphausen („Das Leichteste der Welt“ / „Wenn ich Dich gefunden hab“), Scissor Sisters („Comfortably Numb“), John Dowland („Flow my Tears“)

Produktionsfirma: Maran Film

Drehbuch: Wolfgang Stauch

Regie: Friederike Jehn

Quote: 3,47 Mio. Zuschauer (11% MA)

EA: 18.03.2015 20:15 Uhr | ARD

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