Ein promovierter Theologe und Psychologe, einst als Gefängnisseelsorger tätig, hat sich in ein kleines Dorf zurückgezogen, wo er als Gemeindepfarrer arbeitet. „Ich hab mich damals immer gefragt, was ein Mann des Lichtes bei so viel Dunkelheit macht – all die Kinderschänder und Vergewaltiger, mit denen Sie sich damals abgegeben haben“, erzählt ihm Kommissarin Esther Fromm. Jetzt ist dem Jesuitenpriester die Dunkelheit gefolgt. Die Enkelin des Sägewerksbesitzers ist ermordet worden. Alles deutet auf ein Sexualdelikt hin. „Hier, bei uns – auf keinen Fall“, ist die Haltung im Dorf. Und Dr. Gabriel Reinberg, über den das Gerücht kursiert, er habe die 12-jährige Ministrantin „besonders gern“ gehabt, hat plötzlich keinen Rückhalt mehr in der Gemeinde. Die Kirche bleibt leer. „Kinderficker“ hat jemand auf sein Auto geschmiert. Zwischenzeitlich gibt es Verdachtsmomente gegen den Vater des Kindes. Ein DNA-Test aller männlichen Dorfbewohner soll Klarheit bringen, doch zunächst bringt er nur den Pfarrer in noch größere Erklärungsnot.
Ein bisschen gedrechselt ist dieses Dorfdrama schon. Es leidet unter dem dreifachen Zwang, etwas zu einem gesellschaftlich relevanten Thema beisteuern zu wollen, politisch und moralisch korrekt zu argumentieren und zugleich ein spannender Dorfkrimi sein zu müssen. Der präzise von Christine Hartmann inszenierte Film lebt denn auch mehr vom Charisma des Charakterkopfs Christian Berkel als vom Drehbuch mit seiner final gesteuerten, äußerst rustikalen 08/15-Dramaturgie. Da hat der Stammtisch das Sagen – oder ein Polizist aus der zweiten Reihe: „Jemand, der jahrelang seinen Schwanz einklemmt, muss irgendwann explodieren.“ Etwas diffiziler drückt es die ermittelnde Kollegin Fromm (!) aus, als sie hört, dass der Pfarrer im Dorf einen immer schwereren Stand hat: „Das wundert mich nicht. Das kommt davon, dass Ihre Kirche viel zu lasch auf die ganzen Missbrauchsfälle reagiert hat.“ Und mittendrin in diesem „Dunklen Nest“ eine Lichtgestalt, die allerdings auch Schuld auf sich geladen hat. Ein psychologisches Gutachten des ehemaligen Gefängnisseelsorgers hat zur Entlassung eines Triebtäters geführt, der rückfällig wurde und ein Kind ermordet hat.
Der ZDF-Fernsehfilm ist so simpel gepolt, dass es mitunter weh tut. Die Polarisierung, was das Thema angeht, ist da noch das kleinste Übel. „Polarisierung hat den Vorteil, dass sie die Zuschauer dazu einlädt, Position zu beziehen – und das tut einem Film immer gut“, findet Berkel und hat damit nicht ganz Unrecht. Aber muss man dann auch noch diese Polarisierung ebenso grobschlächtig auf die Figuren übertragen – und Volkes Stimme auf Wirtshaus-Niveau ansiedeln?! Der Film verurteilt die Vorurteile der Dörfler, die er als geistig minderbemittelt darstellt, ähnlich rigide, wie die Dörfler den Pfarrer ausgrenzen. Die Menschen bei ihren Ängsten abzuholen, wie es der Priester in seinen Dialogen äußert, versucht der Film, seine Dramaturgie, nicht. Am Ende ist „Das dunkle Nest“ in jeder Hinsicht eine messianische One-Man-Show. Alles in dieser Geschichte ist nur dazu da, den Gottesmann ins rechte Licht zu rücken. Tatsächlich ist das Sinnvollste an diesem Film: die Moral und die Haltung des Helden. Wenn sich durch diesen Film die Zuschauer zum Nachdenken veranlasst fühlen – dann sollen sie es tun. Den Film macht es leider nicht besser. (Text-Stand: 28.10.2011)