Breisgau – Nehmen und Geben

Nesytowa, Kiefer, Trepte, Heckmann, Vershinin, Durchschlag. Krimi zum Schmunzeln

Foto: ZDF / Maria Wiesler
Foto Volker Bergmeister

In ihrem zweiten Fall sehen sich die Freiburger Ermittler Tanja Wilken & Dennis Danzeisen mit der Vergangenheit von Danzeisens Onkel und einem berüchtigten Kunstdieb konfrontiert. Vertrauen und Gerechtigkeit sind die zentralen Themen in „Breisgau – Nehmen und Geben“ (ZDF / Hager Moss Film). Das Hauptaugenmerk liegt dabei nicht so sehr auf der Krimi-Story, die ist nicht sonderlich aufregend, zuweilen etwas holprig und ungelenk. Viel Raum nimmt der Danzeisen-Clan ein, eine moderne Robin Hood-Familie, die von sich sagt: „Wir sind die Guten“! Die Tonalität der Krimireihe ist klar: Ein bisschen Spannung, deutlich mehr Spaß. Und die Breisgau-Metropole spielt eine noch größere Rolle. Regisseur Durchschlag hat sie ansprechend in Szene gesetzt. Es bleibt aber dabei: Die Reihe hat viel Luft nach oben.

Ermittlerin Tanja Wilken (Katharina Nesytowa) ist gerade bei der Gruppenmeditation im Park, als auf der Dreisam 50-Euro-Scheine vorbeischwimmen. Am Ufer des Flusses entdeckt sie einen schwer verletzten Mann und zieht ihn ins Trockene. Dann springt die Handlung 24 Stunden zurück. Ein Paar beobachtet vom klapprigen Bus aus einen Fußball spielenden Jungen, die Frau will aussteigen: „Ich hol mir unser Kind zurück!“ Doch ihr Begleiter René Klettner (Ludwig Trepte) hält sie zurück. Er ist der im Wasser. Als er im Krankenhaus erwacht, beschuldigt er ausgerechnet Daniel Danzeisen (Rüdiger Klink), ihn niedergeschlagen zu haben. Das Motiv: Rache. Klettners Frau Sonny (Tinka Fürst) hatte Daniel vor Jahren bei einem Einsatz niedergeschossen. Polizeidienst ade, Daniel ist jetzt der Wirt im „Bullenstall“. Und für Tanja Tatverdächtiger. Kollege Dennis (Joscha Kiefer), der Neffe von Daniel, kann das alles nicht glauben. Schließlich gibt es ja noch weitere Verdächtige: Die Pflegeeltern Raimund und Thekla Fischer (Johannes Suhm und Kathrin von Steinburg), die sich seit Jahren um Oskar, den Sohn von René und Sunny, kümmern. Sie fürchten, ihn wieder abgeben zu müssen, nachdem die leiblichen Eltern aus der Haft entlassen wurden. Oder Renés alter Kumpel Zühlke (Gerdy Zint), mit dem er ein Ding drehen wollte, um an Geld zu kommen. Und dann huscht noch ein Typ namens Johann Kronstein (Christian Heller) durch die Szenerie, der früher mal Kunstdieb war, jetzt als gefeierter Buchautor und Experte für Kunst & Crime durch die Talkshows tingelt und den Argwohn der Danzeisens weckt. Doreen (Julia Jenkins) und Dominik (Valentin Erb) beschatten ihn, um zu erfahren, was er im Breisgau will.

Breisgau – Nehmen und GebenFoto: ZDF / Maria Wiesler
Schon eine eigenartige Sippschaft, dieses Danzeisens. Gemeinsam mit Diana Gruber (Vita Tepel) beraten sie sich im Hinterzimmer ihres familiären Stammlokals, dem „Bullenstall“. Daniel Friedl, Johanna Gastdorf, Valentin Erb und Joscha Kiefer

Diese Danzeisens. Sie stehen auch im zweiten „Breisgau“-Krimi wieder im Mittelpunkt. Die eigentliche Geschichte ist nicht sonderlich aufregend, zuweilen etwas holprig und ungelenk. Aber Spannung ist hier nicht das Wichtigste. Mehr als ein bisschen Spaß muss sein. Für den sorgt der Polizisten-Clan, der von sich behauptet: „Wir sind die Guten“. So trifft sich die Familie um Oberhaupt Dorothea (Johanna Gastdorf), zugleich Leiterin des Polizeireviers“, im Hinterzimmer des „Bullenstalls“, um Beutezüge vorzubereiten und dann das Geld zu verteilen, gestreng nach dem Motto des Films: „Nehmen und Geben“. So wird das Ende des ersten Films, als man ein gefälschtes Gemälde verhökerte, hier aufgegriffen: „Das letzte Gemälde hat ein ordentliches Plus gebracht, 312.000 Euro“, verkündet Dorothea. Und Dominik, der Benjamin der Familie und Polizeimeister, ergänzt stolz: „Tante Diana ist ein Genie“. Danach wird in geselliger Runde Geld ausgeschüttet, an Opfer von Betrügern, einen zerstörten Food Truck und so fort. Die Robin Hoods vom Breisgau lassen sich nicht lumpen, nur merken darf es keiner. Und keine. Was gar nicht so leicht ist, weil Tanja die Sache auch diesmal wieder komisch vorkommt und sie herausbekommen will, was die Danzeisens da so hinter verschlossenen Türen machen und was sie im wohlgehüteten Tresor liegen haben.

So ist die Tonalität der Krimireihe klar: Ein bisschen Spannung, deutlich mehr Spaß. Und das Setting spielt noch eine größere Rolle. Anders als in der Auftaktfolge „Bullenstall“, als man aus der Location viel zu wenig herausgeholt hat, gelingt es diesmal Regisseur Thomas Durchschlag Freiburg mehr zu nutzen. Mit der Drohnenkamera fliegt man in die Stadt, dann folgt man dem Lauf der Dreisam, an der das Opfer gefunden wird, weiter geht es Richtung Altstadt, Bächle, Münster, Madonnen. Freiburg hat visuell viel zu bieten, das nutzt der Regisseur geschickt, um dem Krimi Atmosphäre zu geben. Das ist nötig, denn die Story ist dünn. Durchschlag ist in den letzten Jahren fest im Krimi-Genre verwurzelt, hat zuletzt Filme der Reihen „Stralsund“ und „Friesland“ gedreht. Sein Erstlingsfilm „Allein“ war noch ein vielbeachtetes Kino-Drama, mit dem Lavinia Wilson der Sprung in die 1. Liga deutscher Schauspielerinnen gelang. Auch mit Schmunzelkrimis wie „Rentner-Cops“ kennt er sich aus. Mit diesem Label kann man auch „Breisgau – Nehmen und Geben“ versehen: lockere Unterhaltung im Krimimantel, irgendwo zwischen Provinzposse und Prime-Time-Spannung. Das gelingt. Das Regionale spiegelt sich nicht nur in Bildern, sondern auch im Ton. Einige aus dem Danzeisen-Clan – Daniel, David und auch Dennis – dürfen Dialekt sprechen, aber natürlich fürs ZDF gut abgesoftet, gemeinschaftsverträglich für die ganze Republik.

Breisgau – Nehmen und GebenFoto: ZDF / Maria Wiesler
Hauptkommissarin Tanja Wilken (Katharina Nesytowa) wird in eine nächtliche Verfolgungsjagd verwickelt. „Breisgau“ (ZDF, 2022)

Im „Breisgau wird geklüngelt, dass wohl selbst die Kölner neidisch werden könnten. Familie Danzeisen pendelt zwischen Recht und Unrecht, hat aber stets den moralischen Kompass im Blick. Die Autoren Andreas Heckmann und Michael Vershinin (den kennt man auch als Michael Illner), die auch schon das Drehbuch zum Reihenauftakt geliefert haben, rücken zwei Themen in das Zentrum des Films: Vertrauen und Gerechtigkeit. Tanja weiß nicht, inwieweit sie ihrem Kollegen Dennis und dessen Familie trauen kann und sie ist stark belastet durch das schwierige Verhältnis zu ihrem Vater. Um Vertrauen geht es auch bei den Danzeisen, weil einer aus der Familie, Daniel, verdächtigt wird, Klettner niedergeschlagen zu haben, und weil er Geld aus dem Familientresor entwendet hat. Und um Gerechtigkeit geht es den Klettners, die ihr Kind zurückhaben wollen. Und natürlich auch den Danzeisen-„Robin Hoods“, die es „nehmen und geben“, um Gutes zu tun… „Leicht, lustig, launig, mitunter auch ein bisschen langweilig. Da bleibt noch (viel) Luft nach oben“ – so lautete das Fazit des Kritikers nach dem Auftakt. „Nehmen und Geben“ ist noch kein Stück höher gekommen. (Text-Stand: 15.3.2022)

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Reihe

ZDF

Mit Katharina Nesytowa, Joscha Kiefer, Johanna Gastdorf, Vita Tepel, Daniel Friedl, Julika Jenkins, Valentin Erb, Ludwig Trepte, Rüdiger Klink, Sebastian Weber, Tinka Fürst, Kathrin von Steinburg, Johannes Suhm, Sandra Julia Reils, Gerdy Zint

Kamera: David Schultz

Szenenbild: Maike Althoff

Kostüm: Eva Kantor

Schnitt: Clare Dowling

Musik: Andreas Weidinger

Redaktion: Martin R. Neumann, Florian Weber

Produktionsfirma: Hager Moss Film

Produktion: Kirsten Hager

Drehbuch: Andreas Heckmann, Michael Vershinin

Regie: Thomas Durchschlag

Quote: 5,69 Mio. Zuschauer (20,3% MA)

EA: 06.04.2022 20:15 Uhr | ZDF

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