Der Bozen-Krimi – Das fünfte Gebot

Schoras, Oertel, Hutter, Wiesnekker, Näter. Wenig aufregender Familienkrimi

Foto: Degeto / Marco Nagel
Foto Tilmann P. Gangloff

Man muss schon ein gutes Gedächtnis haben, um sich ein Jahr nach Teil 1 umgehend im Personal des zweiten „Bozen-Krimis“ zurechtzufinden. Davon abgesehen folgt der Film dem gleichen Muster: Der Gatte der Kommissarin (Chiara Schoras) steht erneut (oder noch immer) unter Mordverdacht, aber Sonja Schwarz muss sich auch mit der Mafia rumschlagen. Die Besetzung ist zum Teil überraschend namhaft, die Umsetzung jedoch bloß gefällig; trotzdem weckt der Schluss die Neugier auf die Fortsetzung, die stärker ausfällt!

Als die ARD vor einem Jahr den ersten Film mit Chiara Schoras als deutsche Kommissarin in den Dolomiten zeigte, lautete der Reihentitel noch „Kripo Bozen“. Die Bezeichnung „Krimi“ wäre auch nur die halbe Wahrheit gewesen, denn im Grunde erzählte Autor Jürgen Werner vor allem ein Familiendrama: Sonja Schwarz ist ihrem Mann Thomas (Xaver Hutter) in dessen Heimat Südtirol gefolgt und muss sich dort mit der Mutter seiner ersten Frau rumplagen. Als in den Bergen das Skelett eines vor zehn Jahren verschwundenen Mädchens gefunden wird, mehren sich die Hinweise, dass Thomas etwas mit der Tat zu tun haben könnte. Gemessen an der Dramatik der aus diesem Verdacht resultierenden Eheprobleme war eine zweite Ebene mit der Suche nach dem Mörder eines Apothekers weitaus weniger spannend.

Für „Das fünfte Gebot“ gilt genau das gleiche, denn das Muster ist identisch: Wieder gibt es eine aktuelle Ermittlung, die innerhalb der neunzig Minuten abgeschlossen wird, aber die horizontale Erzählung ist ungleich interessanter. Und weil das Gespann Chiara Schoras / Tobias Oertel offenbar gut angekommen ist, wirkt der Mafia-Experte aus dem Süden, der im ersten Film großen Gefallen an seiner Kollegin fand, ebenfalls wieder mit: Er wird ihr neuer Chef. Neu im Team ist Floriane Daniel als Rechtsmedizinerin aus der Kategorie Paradiesvogel, die regelmäßig ihren kleinen Sohn mit zur Arbeit bringt, weil sie auf die Schnelle keinen Babysitter gefunden hat. Am Tatort muss der uniformierte Kollege Kerschbaumer (Hanspeter Müller-Drossaart) auf das Kind aufpassen. Das ist ein kleines bisschen witzig, sieht aber vor allem so aus, als habe die Degeto-Redaktion „Ein bisschen Spaß muss sein“ gefordert.

Der Bozen-Krimi – Das fünfte GebotFoto: Degeto / Marco Nagel
Schön finster. Ausgerechnet dem Mafiaboss Francesco Rossi (Thomas Sarbacher) hat Erich Dornbacher (Robert Gallinowski) das vermisste Drogenpaket angeboten.

Kennt man Teil 1 („Wer ohne Spuren geht“) nicht, wird man zunächst ein paar Orientierungs-Probleme bekommen; davon abgesehen ist es ohnehin etwas viel verlangt, dass sich alle Zuschauer noch an die familiären Details erinnern. Andererseits funktioniert die Geschichte auch so, denn im Grunde erzählt Werner sie der Einfachheit halber noch mal: Es ergeben sich neue Verdachtsmomente, die Thomas schwer belasten. Dass er stets nur so viel preisgibt, wie die Polizei schon weiß, macht die Sache nicht besser. Mit einem weiteren Verdächtigen bringt Werner etwas Pep in die Handlung: Das bei seiner Ermordung 15 Jahre alte Mädchen war einst von jugendlicher Schwärmerei für den viel älteren Thomas beseelt und wollte ihn eifersüchtig machen, indem sie sich seinem damaligen Freund Stefan an den Hals warf. Der ist mittlerweile Politiker (von Stetten) und mit einer ehrgeizigen Frau (Stemberger) geschlagen, die umgehend einen Privatkrieg ausruft, als Sonja den Gatten energisch befragt.

Ähnlich wie vor Jahren bei der Einführung des „Polizeiruf“-Teams aus Rostock erstreckt sich dieser Erzählstrang über die ersten drei Filme und kreuzt sich immer wieder mit einem aktuellen Fall, der allerdings wie in Teil 1 wesentlich herkömmlicher ist: Ein Tagelöhner (Roeland Wiesnekker) stolpert beim Aushilfsjob in einer Kellerei über zwei Kokain-Pakete, die nach Deutschland geschmuggelt werden sollen. Er freut sich, das große Los gezogen zu haben, aber natürlich sind die Drogen einige Nummern zu groß für ihn, denn er hat sich mit der Mafia angelegt; dem regionalem Statthalter (Thomas Sarbacher) ist es selbstredend egal, wie viele Menschen sterben müssen, damit er das Kokain zurückbekommt.

Nach Auftaktregisseur Marc Ulbricht hat Routinier Thorsten Näter die Bozen-Krimis übernommen. Er inszeniert das zwar gefällig, aber echte Krimispannung will kaum aufkommen, womit er aus Sicht der ARD-Tochter Degeto seinen Job allerdings vermutlich zur Zufriedenheit erledigt hat, denn die Donnerstagsreihen sollen ja Familienkrimis bieten. Die Bildsprache war offenbar auch vorgegeben. Während die regelmäßigen Schwenks über die Bergwelt bei einem derartigen Schauplatz quasi obligat sind, fällt auf, dass Näters Stammkameramann Achim Hasse – das Duo hat bereits über vierzig gemeinsame Filme gedreht – bei den Innenaufnahmen ein ähnlich kunstvolles Licht gesetzt hat wie dessen Kollege Ludwig Franz im ersten Film. Nicht allen Darstellern gelingt es jedoch, vergessen zu machen, dass sie Rollen spielen. Auch die Musik (Mario Lauer) hat keinerlei Raffinesse zu bieten, aber das gilt für den gesamten Film. Trotzdem weckt der Cliffhanger-Schluss clever die Neugier auf den dritten Film, den die ARD am 11. Februar zeigt. (Text-Stand: 7.1.2015)

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Reihe

ARD Degeto

Mit Chiara Schoras, Tobias Oertel, Xaver Hutter, Charleen Deetz, Lisa Kreuzer, Gabriel Raab, Hanspeter Müller-Drossaart, Floriane Daniel, Ulli Maier, Kai Malina, Roeland Wiesnekker, Robert Gallinowski, Thomas Sarbacher, Heio von Stetten, Julia Stemberger

Kamera: Achim Hasse

Szenenbild: Jost Brand-Hübner

Schnitt: Julia von Frihling

Musik: Mario Lauer

Produktionsfirma: JoJo Film- und Fernsehproduktion

Drehbuch: Jürgen Werner

Regie: Thorsten Näter

Quote: 5,85 Mio. Zuschauer (17,8% MA)

EA: 04.02.2016 20:15 Uhr | ARD

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