Auf die Idee zu seinem dritten Fernsehfilm brachte den Berliner Christian Petzold („Cuba libre“) seine Friseuse. Sie erzählte vom ausschweifenden Lanzaroter Luxusleben in jungen Jahren – und von einer Freundin, die nach zehn Jahren Highlife als „Beischlafdiebin“ endete und sich später umbrachte. Ein geeigneter Stoff für einen Filmemacher, der Kino-Bilder im Kopf hat und sich nur wenig um den herkömmlichen Fernsehspiel-Realismus schert.
„Mit viel Halbschatten und suggestiver Musik gelingt Regisseur Petzold das perfekte Melodram. Präzises Kammerspiel & großes Gefühlskino“ (TV-Spielfilm)
Die Arte/ZDF-Koproduktion „Beischlafdiebin“ erzählt von Petra, die ihre Männer mit Tropfen und kleinen Elektroschocks gekonnt aufs Kreuz legt und sie anschließend ausnimmt. „Ich bin keine Nutte“, darauf legt sie Wert, die Reisende in Sachen Verführung. Nach Jahren in der Fremde, einsam in Hotels, ist sie müde und ausgepumpt, will endlich „nach Hause“, nach Köln zu ihrer Schwester Franziska, der sie das Studium finanziert hat. Aber auch bei ihr lief das Leben nicht so wie erhofft. Als Übersetzerin erlebte sie Schiffbruch und jobbt nun im Kaufhaus. Gemeinsam glauben die beiden Frauen, ein neues Leben beginnen zu können.
Wie schon in seinem Debüt „Pilotinnen“ bemühte sich Petzold auch in „Die Beischlafdiebin“ darum, wie er selbst sagt, „diesen geheimnislosen Orten in Deutschland etwas Märchenhaftes abzugewinnen, ohne dass es gleich zu einer Parabel wird“. Den Schauplätzen etwas Amerikanisches oder Französisches geben – das schwebte dem Kino-Fan vor, der darüber hinaus dem Spiel von Constanze Engelbrecht einen gewissen Romy-Schneider-Touch verleihen wollte. Erzählt wird eine Beziehung zweier Frauen, deren Geschäft die Lüge ist. Eine alltagsrealistische Oberfläche mit linearem Spannungsverlauf interessiert Petzold nicht. „Ich wollte einen langsamen Film erzählen, einen Film aus Schleifen und Wiederholungen, in dem immer wieder die gleichen Sätze fallen.“ Wie in einem Labyrinth laufen sich die Frauen fest auf ihrem Weg in Richtung Glück. Anständig kommen sie nicht weiter in dieser Männerwelt.
„Eine in den Hauptrollen intensiv gespielte Kriminaltragödie um den Ausverkauf von Träumen und Begehrlichkeiten. Sie beschwört eine düster-fatalistische Film-noir-Welt, die in ihrer vorhersehbaren Ausweglosigkeit an die Cornell-Woolrich-Adaptionen François Truffauts (‚Das Geheimnis der falschen Braut‘, ‚Die Braut trug schwarz‘) erinnert.“ (Lexikon des internationalen Films)
Und so überwuchert Einsamkeit die Bilder, kommt eine gewisse Kälte, auch Resignation auf. Für Petzold war es klar, dass die Hauptfiguren Frauen sein mussten. „Die biologische Uhr tickt bei ihnen schneller. Wenn ihr Leben mit 40 noch nicht in geordneten Bahnen verläuft, kommt der Niedergang schneller und heftiger. Deshalb sind Frauen in einer solchen Situation zu größerer krimineller Energie fähig.“ Neben Constanze Engelbrecht überzeugt auch Nele Mueller-Stöfen („Hotel Mama“) in der für sie ungewohnt ernsten Rolle. (Text-Stand: 1998)