Tini ist attraktiv, sexy, durchtrieben, käuflich und besessen davon, Schriftstellerin zu werden. Ihr Ex-Freund Henning ist noch immer verrückt nach ihr. Als sie vor ihm nach Fuerteventura flüchtet, um sich von einem Schriftsteller Rat fürs Schreiben zu holen, reist ihr jener Milch-Bubi hinterher. Tini lässt sein Werben unerwidert und lässt sich anderswohin treiben – in die Arme des kernigen „Exilanten“ Franz. Doch bald wird auch dieser ewige Cornflakes-Knusperer ihr zuviel. Da trifft es sich gut, dass Henning die Existenz dieses Bayern-Fans für ziemlich überflüssig hält. Derweil hat Tini noch eine Rechnung mit dem Schriftsteller offen. Vergessen, dass er sie tagelang freundlich beherbergt hat, nicht vergessen, dass er ihr beim ersten Gespräch völlige Talentlosigkeit bescheinigt hat. Was er kann, aus der Wirklichkeit, die sich vor seinen Augen abspielt, einen Roman zusammenstricken, das kann Tini schon lange. Ein kleiner Schubs – und es eröffnen sich plötzlich völlig neue Perspektiven.
Klaus Lemke gibt im Film Tipps zur Magie:
„Schau mal, Baby, von der Ladentheke aus gedacht, ist die Formel für jeden erfolgreichen Roman, dass der Leser etwas spürt, ahnt, lange, bevor er es weiß, dass er eine Ahnung hat, wie es weitergeht – sodass er in die Illusion versetzt wird, dass ausgerechnet er es ist, der durch seine Vorahnung magisch die Geschehnisse herbeizaubert.“
Foto: ZDF / Klaus Lemke
Vier Personen lassen sich von Sonne, Wind und Meer treiben – wenig in ihrem Tun und Lassen scheint einem höheren Plan zu folgen – und doch fügt sich am Ende alles zu einem glücklichen Sieg der Unmoral. „Drei Kreuze für einen Bestseller“ ist, was das Sujet angeht, eine Art selbstreferentielles Thrillermelodram, von der Haltung her aber eher eine coole Komödie unter südländischer Sonne. Der Filmemacher Klaus Lemke hat mal wieder mit wenig Geld (70.000-80.000 Euro) und ohne jegliche Förderung einen sehr ansehnlichen Film produziert, in dem der 72-jährige radikale Autorenfilmer sogar selbst eine tragende Rolle übernommen hat. Der passionierte „Straßenfilmer“ kann auch Landschaft. Und mit der neuen Aufnahmetechnik und einem Top-Kameramann sieht das mittlerweile bei ihm richtig gut aus (das war in den letzten 20 Jahren nicht immer so) – der realistische Handkamera-Look der Zeit, leicht variiert durch einen Swinging-Sixties-Blick, das zaubert magische Momente.
Was da im Einzelnen erzählt wird, interessiert letztendlich gar nicht so sehr. Handlung ist für Fernsehfilme. Lemke versucht, die großen Mythen jenes von Hollywood geprägten Autorenfilms vornehmlich klein, beiläufig und vor allem cool zu erzählen – was auch in Langweile abrutschen kann, wenn man mit dieser Filmsprache nicht vertraut ist. Eine schöne Frau, Männer am Rande der Lächerlichkeit, melodramatische (Dreiecks-)Situationen, Einstellungen, die nach Standbild verlangen und ein lässiger Grundton, der vom Schauplatz Fuerteventura auf die filmogen geschnittene „Geschichte“ strahlt. Der Grat zwischen Lakonie und Unbedarftheit ist schmal. Man muss so etwas mögen. Vergleichbares ist selten geworden im deutschen Film. Man muss auch eine gewisse Sympathie mitbringen für den Udo Lindenberg des Autorenfilms und seine improvisierte „Dialogkunst“. Frauen heißen bei ihm „Baby“ und Männer sind „Cowboys“. Dass seine weiblichen Laiendarstellerinnen bisweilen gnadenlos gut aussehen, versteht sich von selbst. Süße Luder im Kino müssen so sein.