Zerrissene Herzen

Suzanne von Borsody & Urs Odermatts Politik der Blicke. In die Leere des Raums

Foto: Sat 1
Foto Rainer Tittelbach

In ihren Rollen ist sie die Nachdenkliche, die Kühle, eine Frau, die die Dinge mit sich selbst ausmacht. In „Zerrissene Herzen“, einem Melo um zwei ungleiche Schwestern, wird Suzanne von Borsody und die anderen Top-Mimen von Regisseur Urs Odermatt zu bleierner Schwere gezwungen. Kaputte Ehe, Schwesterzwist, Krankheit. Starker Tobak mit Formwille.

In ihren Rollen ist sie die Nachdenkliche, die Kühle, eine Frau, die die Dinge mit sich selbst ausmacht. In „Babyfon“ heckte sie einen teuflischen Plan aus, im Klinik-Drama  „Ich bin unschuldig – Ärztin im Zwielicht“ gab sie nuancenreich ein Bild vom Leid einer Mutter, und in „Ärzte“ ging sie ihren Weg, eine Frau Doktor mit Prinzipien und Herz. Suzanne von Borsody, die Stimme von Mutter Rosemarie Fendel, den Blick von Vater Hans von Borsody, gehört zu den markantesten Erscheinungen in der an Talenten nicht raren deutschen Schauspieler-Szene. Über ein Jahrzehnt Theater, Büchner, Tschechow, Lessing – da ist die 38jährige in der Lage, über Drehbuchlöcher oder die Spleens mancher Regisseure hinwegzuspielen.

So eine engagiert man gern. „Auch als Werbeträger habe ich mich wohl bewährt“, lächelt von Borsody. Bei Sat 1 vor allem sieht man sie regelmäßig. Dort spielt sie heute die Hauptrolle in „Zerrissene Herzen“. Ein Melodram, dem man den Formwillen allzusehr anmerkt. „Das Experiment war, dass man in die Kamera spricht und nicht in die Augen“, beschreibt sie die Konzeption des Schweizers Urs Odermatt. Das Resultat: große Distanz, bleierne Schwere.

(Nach-)Kritik zu „Zerrissene Herzen“: In Schönheit erstarrt
Es kam mal wieder ganz dick. Beim psychischen Kräftemessen zweier ungleicher Schwestern nahm die vermeintlich schwächere der starken Superfrau den Mann weg und bekam sogar noch ein Kind von ihm. Doppelt bitter, weil die Betrogene selbst keine Kinder bekommen konnte. Im Sat-1-Melo „Zerrissene Herzen“ gab es keinen Mangel an Dramatischem, an Szenen einer kaputten Ehe oder Phasen einer schweren Krankheit. Bedeutungsvoll blickten hervorragende Schauspieler abwechselnd in die Kamera und dann in die Leere des Raumes. Sie wirkten wie hingestellt ins optische Konzept eines formverliebten Regisseurs. Und so erstarrte das Kammerspiel des Schweizers Urs Odermatt in Schönheit und verströmte bleierne Schwere. Am Ende siegten Vernunft und Herz. Anders wäre dieser Film auch nicht zu ertragen gewesen. Wie dankbar war man da für ein Lächeln. Man sehnte sich geradezu die Knochenmarkspende herbei. Weniger der kranken Heldin, sondern des eigenen Vorteils wegen. (Text-Stand: 19.2.1998)

Im Mittelpunkt steht Astrid, Geschäftsfrau mit Leib und Seele. Sie kann keine Kinder bekommen. Das erledigt ihre Schwester. Das Dumme ist nur: der Vater ist Astrids Mann. Doch nicht genug: Astrid, die mit ihren Liebsten bricht, hat Blutkrebs. Nur eine Knochentransplantation kann helfen. „Wie sich Liebe über den Verrat in Hass umwandelt und trotzdem am Ende Verzeihen steht“, davon, so von Borsody, handle das Melodram. Und Astrid sei eine Figur voller Lebenslügen.Suzanne von Borsody spricht gerne über ihre Arbeit. „Ich versuche immer, meinen Figuren eine Daseinsberechtigung zu geben, sie zum Leben zu erwecken.“ Wenn man über die Psychologie einer Figur nachdenke, sei das aber immer auch eine Form von Auseinandersetzung mit sich selbst. „Ich muss mir überlegen, wie kommt jemand dazu, so weit zu gehen, beispielsweise einen solchen Hass wie diese Astrid zu entwickeln.“ Man spürt die Schauspielerin aus Passion bei Suzanne von Borsody, die eigentlich Malerei studieren wollte und eher zufällig 1978 zum Fernsehen kam, wo sie gleich mit ihrer zweiten Rolle als „Beate S.“ wichtige Fernsehpreise einheimste.

Traumrollen hat sie viele. Sie möchte die Sorgen und Nöte einer Enddreißigerin spielen. Vielleicht eine Forscherin, eine Frau, die durch die Welt reist. Doch nichts davon bekommt sie angeboten. „Warum müssen Frauen ab Ende 30 bis Mitte 60 entweder einsam durch die Gegend gehen oder Muttis spielen!? Warum kann nicht mal eine Frau im Film einen jngeren Liebhaber haben, ohne dss es gleich zu etwas Besonderem stilisiert wird“, fragt sie sich. Bei Männern und deren zahllosen Midlife-Crisis-Geschichten ginge das schließlich auch.    Dennoch, die Hoffnung auf spannende Menschenbilder bleibt. Auch wenn sie zur Zeit den Eindruck har, im deutschen Fernsehen jage ein Thriller den nächsten Krimi. Man müsse sich als Schauspieler und Mensch die Fähigkeit erhalten, gespannt auf Neues durchs Leben zu gehen, sagt sie. „Man muss die Bereitschaft mitbringen, sich überraschen zu lassen.“

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Fernsehfilm

Sat 1

Mit Suzanne von Borsody, Nadja Uhl, Burghart Klaußner, Michael Gwisdek, Ernst Jacobi, Siegfried W. Kernen

Kamera: Piotr Lenar

Schnitt: Ulrike Leipold

Musik: Enjott Schneider

Produktionsfirma: Filmproduktion Holger Luczak

Drehbuch: Peter Prange

Regie: Urs Odermatt

EA: 17.02.1998 20:15 Uhr | Sat 1

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