Deutschland in naher Zukunft. Ein Börsencrash hat den Zusammenbruch der Europäischen Union bewirkt. Das Land befindet sich im sozialen Ausnahmezustand. Einer der Verursacher der Krise ist die Deutsche National Bank mit ihrem Vorstandsvorsitzenden Rainer von Kampen. Der Polizist Alexander Scholl ist besonders betroffen. Seiner schwer kranken Schwester und deren Tochter droht wie tausenden anderen die Zwangsräumung. Mit großer Genugtuung nimmt der junge Beamte den Frankfurter Big Boss vor laufender Kamera fest. Doch am Ende ist es ein Pyrrhussieg. Der Bankier ist bald wieder auf freiem Fuß, die beiden Ermittler hingegen werden strafversetzt und Scholls Schwester nimmt sich das Leben. Tief erschüttert wechselt der Polizist daraufhin die Seiten und schließt sich einer Gruppe von Bankräubern an. Mit einem Profi-Hacker im Team sind vor der sogenannten Sanduhrbande bald auch keine geheimen Bankdaten mehr sicher. Und als Scholl nicht nur den Krisengewinnlern die Konten plündert, sondern im Gegenzug den Mittellosen Gelder zukommen lassen, ist der Mythos vom Robin Hood im Zeitalter der Bankenskandale geboren.
Foto: Sixx
Drei Jahre hat es gedauert, bis die Diplomarbeit von Regisseur Martin Schreier, die von Pro Sieben mitfinanziert wurde, endlich ins Fernsehen kommt. Der Film, der auf einigen Festivals unter dem Titel „Robin Hood“ lief und nun als „Zahltag – Nicht mit uns!“ auf dem „Frauensender“ Sixx – man muss schon sagen – versendet wird, ist ein rasanter, geradlinig erzählter Action-Thriller. Dramaturgisch setzt der Film auf ein ungebrochenes Gut-Böse-Schema, baut seinen Plot auf einem Wut-und-Rache-Reflex auf und spielt mit dem beflügelnden Gedanken vom Aufstand der Ohnmächtigen. „Ich will in einer Welt leben, in der der Starke für den Schwachen eintritt – nicht umgekehrt. Die Zeit der Könige muss endlich vorbei sein.“ Ein Wortduell zwischen den beiden Widersachern, gipfelt in diesem Satz, der diese an sich kluge Szene mit etwas viel Pathos und Predigertum überzieht. Die Philosophie des Films also ist vornehmlich schlicht. Die Handlung setzt auf Reiz-Reaktionsmuster. Die Spannungsbögen sind kurz. Ken Duken gibt eher einen sensiblen Bruce Willis als dass Regisseur Schreier einen auf Hitchcock machen würde. Aber nicht nur der Suspense bleibt unterbelichtet, auch das Konfliktpotenzial der Handlung wird nicht ausgeschöpft: weder die ablehnende Haltung von Scholls Kollegin gegenüber der Robin-Hood-Bande („das sind stinknormale Verbrecher“) noch Scholls Verrat an der Gruppe, die bis kurz vor Schluss nicht weiß, dass er von der Polizei ist. Und so erinnert der Film, was seinen simplen Plot angeht, eher an die TV-Movies der späten 90er Jahre als an aktuelle Serien und Reihen mit ihren komplexen narrativen Settings. Und natürlich – wie kann es anders sein – wird am Ende einer der „guten“ Gesetzesbrecher geopfert. Allzu modern sind die Mittel nicht gerade, denen sich Schreier und sein Ko-Autor Florian Schumacher bedienen. Dafür ist das Tempo extrem hoch.
Die dramaturgischen Mängel sind offensichtlich (und sie sind nicht nur dem Action-Genre geschuldet). Dennoch ist „Zahltag – Nicht mit uns!“ ein faszinierender Film. Weil man als Zuschauer eben auch gern mal regrediert auf einen vorintellektuellen Zustand. Im Kino freilich lässt sich diese Lust sehr viel vorbehaltloser ausleben als vor dem Bildschirm, wo man die Bilder nur selten wirken lassen kann und dafür das Erzählte stärker hinterfragt. Auf der visuellen Ebene ist Martin Schreiers Film eine kleine Offenbarung – auch wenn sich in Sachen Action, Look und Thrill ja einige „Tatort“-Ableger (von Til Schweiger bis „Frohe Ostern, Falke“) oder die ZDF-Reihe „Stralsund“ zuletzt mächtig ins Zeug gelegt haben. Vor allem bei der Montage erkennt man das Knowhow der Ludwigsburger Filmhochschule. Der schnittige Erzählrhythmus inklusive kräftigem Score fegt förmlich über die Klischees in der Dramaturgie hinweg. Ken Duken als der sensible Aufrechte, der schon mal für die Armen Geld regnen lässt, und Thomas Thieme als der selbstherrliche Betonkopfbanker, dessen Handlanger vor Mord nicht halt machen, sind traumhaft als Widersacher. Der Film sieht für einen Abschlussfilm ungemein teuer aus und ist durch und durch effektiv erzählt. Sogar die etwas ausgestellt wirkende „Botschaft“ der Geschichte ist dank der Deutschen Bank auch noch fünf Jahre nach Entwicklung des Drehbuchs voll & ganz anschlussfähig. (Text-Stand: 12.6.2015)