Es gibt fotogene und filmogene Menschen. Reißen dort Schönheit, Frische oder ein Lächeln ein Antlitz aus der Zeit, rücken es in die Nähe eines Kunstwerks, entwickelt sich beim filmogenen Typus der Zauber erst in Bewegung, im Fluss des Lebens. Julia Koschitz macht sich auf Fotos gut, aber zu sich selbst findet sie erst auf der Bühne oder vor der Filmkamera. Da kann sie ihre großen Augen spielen lassen und Temperament zeigen. Die 34-Jährige bezeichnet sich selbst als ruhelos. Koschitz, in Brüssel geboren, in Frankfurt Abitur gemacht und in Wien Schauspiel studiert, pendelt zwischen Theater, Kino, Fernsehen, sie wohnt in München, lebt seit Jahren aus dem Koffer. Sie tänzelt durchs Leben, wollte Tänzerin werden.
Jahrelang tingelte sie über süddeutsche Provinzbühnen, bis Grimme-Preisträger Franz Xaver Bogner die Frau mit dem österreichischen Pass in seiner etwas anderen Polizeiserie „München 7“ besetzte. Bekannt wurde sie hierzulande als brandenburgische Dorfärztin Barbara Heinen aus „Allein unter Bauern“, die einem ausgemusterten Politiker aus der Hauptstadt Unterschlupf gewährt. Mit Christoph M. Ohrt sah man sich auf der sicheren Seite. Doch die Serie floppte.
Foto: Degeto
Mehr Glück dürfte ihr die ARD-Produktion „Woran dein Herz hängt“ bringen. Auch wenn sich beim Filmtitel schlimme Assoziationen einstellen mögen, so ist diese Degeto-Produktion durchaus ein Lichtblick des beliebten Wohlfühlgenres. Die Story folgt zwar dem Trampelpfad der Romantic Comedy, doch das, was Autor Volker Krappen und Regisseur Donald Kraemer um diese lockere Läuterungs-Mär herum gesponnen haben – das kann sich sehen lassen. Oliver Mommsen, am Sonntag wieder als Sabine Postels Partner im Bremer „Tatort“ zu sehen, darf als smarter Anwalt einmal mehr den von sich überzeugten Schwerenöter geben, der auf die unvermeidliche allein erziehende Mutter, eine aufrechte Kämpferin gegen Immobilienhaie, angesetzt ist. Dass er sich in sie verlieben wird – wer konnte das ahnen?!
Besonders sehenswert in „Woran dein Herz hängt“ sind ein paar spielerisch überdrehte Szenen, die an die amerikanischen Screwball-Comedies erinnern. Und es geht auch noch um etwas: Der Filmtitel spielt auf das „Messie“-Syndrom an, unter dem die Hauptfigur leidet. Auch wenn diese Sammelsucht als Ausdruck von Verlustangst nicht ernsthaft in „Bloch“-Manier verhandelt wird, bringt das Motiv doch Emotion ins Spiel und sorgt für retardierende Momente kurz vor dem Happy End. Den Rest managt Julia Koschitz. Sie hat das ideale Gesicht für physische Komödien. Wenn die Augen rollen, die Mimik Purzelbäume schlägt, da kann schon ein Hauch von Doris Day oder Claudette Colbert aufkommen.
Etwas schräger hätte sie es selbst schon gern. So wie in ihrem Kinoüberraschungsfilm „Shoppen“ (am 6. Juli in der ARD). „Ich wünsche mir im Fernsehen mutigere Geschichten und auch mal widersprüchlichere Figuren“, betont Julia Koschitz. Sie wünscht sich auch mehr Genre-Mischformen. „Eine Komödie muss nicht oberflächlich sein und ein Drama muss nicht gleich in Depressionen stürzen.“ (Text-Stand: 12.6.2009)
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