Clara (Julia Koschitz) und Ulf (Heino Ferch), beide frisch verwitwet, haben ein ähnliches Problem: Sie können ihre Lebenspartner nicht standesamtlich für tot erklären lassen. Für die Parfümeurin steht die Existenz auf dem Spiel, denn das Konto des Gatten ist eingefroren. Für den erfolgreichen „Frauenroman“-Autor ist der fehlende Totenschein noch die geringste Sorge; auch seine Schreibblockade ist nichts gegenüber den vielen offenen Fragen, die ihn quälen. Weshalb ist seine Frau ins Wasser gegangen? An Selbstmord wollen er und seine Frau Mama (Ursula Werner) nicht recht glauben. Unter dem Motto „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ kommen sich Clara und Ulf näher – doch das Leid halbiert sich nicht, sondern verdoppelt sich eher noch. Denn ein Foto wirft weitere Fragen auf: Kannten sich die Toten? Hatten Sie vielleicht sogar eine Affäre? Ja, leben beide womöglich noch? Auf eine definitive Antwort müssen die zwei vom Schicksal Gebeutelten noch warten. Derweil sind ihre besseren Hälften, Enno (Roman Knizka) und Anke (Sabine Waibel), auf Stippvisite in Hamburg. Ihnen ist trotz einer veruntreuten Riesensumme in der Dominikanischen Republik das Geld ausgegangen. Irgendwas ist schiefgelaufen. Massiv betroffen davon ist auch Axel (Arnd Klawitter), der Chef der Kanzlei, für die Enno gearbeitet hat. Und dann ist da noch ein betrogener Betrüger (Bastian Beyer) und sein Bodyguard (Benjamin Piwko), mit denen nicht zu spaßen ist.
„Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht“ ist eine erwachsene Beziehungskomödie, die nach dem Genre-Motto „anything goes“ mit einer vordergründig wild geplotteten Geschichte punktet, die aber zugleich auch mit gängigen – sprich: alltagsnahen – Interaktionsmustern die Handlung bereichert. Was sich da Komödien-Experte Uli Brée („Vorstadtweiber“, „Für dich dreh ich die Zeit zurück“) ausgedacht hat, sprengt erfreulicherweise den Rahmen einer romantischen Komödie – und dies nicht allein deshalb, weil der Autor Anleihen beim Genre Gaunerkomödie nimmt. Vielmehr werden in der ARD-Degeto-Produktion die Möglichkeiten des Scheiterns einer Liebesbeziehung auf kluge Weise in den B-Plot eingeschrieben. Die Hauptfiguren haben ihre Ehen gegen die Wand gefahren, obwohl sie sie noch heute schön reden. Aber auch das frisch zusammengefundene Nebenpaar lässt nach und nach erkennen, dass diese neue Verbindung nicht die große Liebe ist. Um dem Ehe-Käfig zu entfliehen, hat man sich offenbar wieder den falschen Partner gesucht: Enno eine viel zu perfekte und taffe Frau und Anke einen viel zu unbedarften Mann. Und so schält sich in der Kommunikation bald folgendes Narrativ heraus: Der Mann wird zum Loser, die Frau wird zur Mama.
Auch für das Hauptpaar sieht es zwischenzeitlich nicht besonders gut aus, zumal auch die Realitätsblindheit des Schmonzetten-Autors für Clara nicht unbedingt vom Reiz seiner Popularität wettgemacht wird. Schön, dass vor allem am Lack dieser selbstgefälligen, ziemlich eitlen Figur gekratzt wird, diesem Mann, der es immer nur mit allen – insbesondere seiner undankbaren Ex-Frau – gut gemeint habe. Selbst noch die Trauerfeier ihr zu Ehren vermarktet er als „Farewell-Party“ und missbraucht das Event zur narzisstischen Selbstdarstellung. Deutlich anders verhält sich dieser Mann jedoch, wenn er mit Clara zusammen ist. Der kann und muss er nichts vormachen. Offenbar weckt sie bei ihm andere Eigenschaften: Offenheit, Empfindsamkeit, spielerische Ironie. Also könnte es durchaus was werden mit den beiden. Dazu erweist sich Ulf, je mehr ihm klar wird, wie falsch und verlogen seine erste Ehe war, als lernfähig. Am Ende weiß er sogar, wie man die Küche aufräumt und muss keine „neue Haushälterin“ (die alte war offenbar Anke) einstellen, wie er bei Claras erstem Besuch bei sich zuhause noch in Aussicht stellt. Charakterlich am besten schneidet in „Wer einmal stirbt dem glaubt man nicht“ die vermeintliche Witwe ab. Sie ist die oft beschworene „starke Frau“, schnell im Kopf, schlagfertig, witzig, attraktiv – und sie liest keine Kitschromane. Gegen sie wirkt Anke wie ein unmoralisches Miststück, und Enno mag beruflich ein Loser sein, menschlich ist er ein Vollidiot. Vor allem bei ihm, den Roman Knizka schön trottelig als Charmeur auf Kreisliga-Niveau verkörpert, kommt die Komödie zu ihrem Recht. Und Brées Dialogwechsel tragen das Übrige dazu bei, dass es reichlich was zum Schmunzeln gibt.
Auch die Inszenierung von Grimme-Preisträger Dirk Kummer („Zuckersand“ / „Herren“ / „Warten auf’n Bus“) sorgt mitunter für erheiternde Momente, aber mehr noch – durch Schnitte zur rechten Zeit – und durch die erlesene Ausstattung für einen angenehmen Flow. Die ersten zwanzig Minuten vergehen wie im Flug. Als Zuschauer klebt man den Hauptfiguren förmlich an den Lippen. Das liegt sowohl an der ungewöhnlichen Ausgangsprämisse für eine vermeintliche Liebeskomödie als auch an der eleganten Umsetzung. Julia Koschitz und Heino Ferch veredeln die Szenen, die immer für eine Überraschung (kein Sex trotz eines Versuchs!) oder optische Finesse (die in aufregendes Gelb getauchte „Action“-Szene auf dem Amt) gut sind. Nach zwanzig Minuten weiß der Zuschauer mehr als die Protagonisten, dennoch gibt es einen Informationsstau mit etwas zu vielen Fragezeichen (es kommt auch noch Ennos Kanzlei-Chef ins Spiel), der die bislang so flüssige Erzählung für etliche Minuten ausbremst. Das B-Pärchen (das gilt auch für die Besetzung) braucht Eingewöhnungszeit und der Plot seine Finalisierung. Spätestens zur Halbzeit läuft dann alles wieder rund in dieser Geschichte um schwierige Frauen und unbedarfte Männer, deren Handlung bei aller dramaturgischer Komplexität nie zu kompliziert erscheint. Besonders ansprechend wird es dann, wenn die Bildsprache die Situation miterzählt wie in jener Szene, in der er zu ihr kommt: Da tritt Ferch aus (s)einer blauen Aura in das warme Ambiente, in der die Koschitz-Figur zuhause ist.