Wenn die Welt uns gehört

Vincent Krüger, Christian Blümel, Willi Gerk: Sinnsuche und satanischer Blutspakt

Foto: ZDF / Arte / Gordon Timpen
Foto Rainer Tittelbach

Eine ostdeutsche Kleinstadt. Drei junge Männer eint ihre Unzufriedenheit. Ihr Außenseitertum gipfelt in einem spirituellen Kult. Von der zwischenzeitlichen Selbstaufwertung bleibt nur eine Wahnvorstellung. Unaufhaltsam schliddern die drei in die Katastrophe… Klar gezeichnete Figuren, geradlinige Geschichte, beiläufige Inszenierung, drei starke Hauptdarsteller und ein vorzüglicher Erzählrhythmus machen das Spielfilm-Debüt der beiden Dokumentarfilmerinnen Antje Kruska und Judith Keil zu einem besonderen „Kleinen Fernsehspiel“.

Eine ostdeutsche Kleinstadt. Drei junge Männer eint ihre Unzufriedenheit. Der 16-jährige Richy wird gemobbt, der gleichaltrige Tim ist ein Null-Bock-Rumhänger aus gutem Hause und „Leader“ Marco ein schwer durchschaubarer Einzelgänger, der den Hass auf die Welt zu seinem Lebenselixier gemacht hat. Ihr Außenseitertum gipfelt in einem spirituellen Kult. Es beginnt harmlos mit Gläserrücken, doch dann gehen sie einen Blutspakt mit Satan ein. Sie verstehen sich als Auserwählte, die antreten wollen gegen das „Ungeziefer auf Erden“. Die Haare fallen, die Ernährung wird umgestellt, der Körper gestählt. Und wer ausschert – der wird zum Verräter gestempelt. Unaufhaltsam schliddern die drei in die Katastrophe.

„Wenn die Welt uns gehört“, der Filmtitel spielt auf das Hochgefühl an, das die drei Jungmänner in einigen Momenten ihrer traurigen Freundschaft erleben. Gezeigt wird, wie sich das ungleiche Trio aus ihrer sozialen Ohnmacht in Allmachtsphantasien stürzt, die Isolation bedeuten und sie in einen Teufelskreis zwingen, aus dem es kein Entkommen gibt. Die preisgekrönten Dokumentarfilmerinnen Antje Kruska und Judith Keil („Der Glanz von Berlin“) erzählen in ihrem bemerkenswerten Spielfilm-Debüt von der Sinnsuche auf dem Weg zum Erwachsenwerden und von einem Sinnstiftungssystem, das nicht weniger (selbst)zerstörerisch wirkt wie Drogen oder Rechtsradikalismus. Von der zwischenzeitlichen Selbstaufwertung bleibt nur eine Wahnvorstellung. Unbeachtet von den Erwachsenen begeben sich die drei Jugendlichen auf ihren gefährlichen Irrweg. In den Träumen und dunklen Fantasien der drei Hauptfiguren spiegelt sich die ganze Trostlosigkeit und Leere ihrer Existenz.

Dieser „kleinen“ Kinokoproduktion sieht man die Erfahrung ihrer Macherinnen an. Die Figuren sind klar gezeichnet, ihre Geschichte geradlinig entwickelt, ohne auch nur ansatzweise plakativ zu wirken. Die beiläufige „Inszenierung“ der tragischen Unaufhaltsamkeit ist das große Kunststück dieses realistisch anmutenden Films. Neben dem vorzüglich gecasteten Trio Vincent Krüger, Christian Blümel und Willi Gerk ist es der Erzählrhythmus, getragen von einem intensiven, eigenwilligen Soundtrack, der „Wenn die Welt uns gehört“ zu einem besonderen „Kleinen Fernsehspiel“ macht. (Text-Stand: 15.1.2011)

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Kinofilm

Arte, ZDF

Mit Vincent Krüger, Christian Blümel, Willi Gerk, Ceci Chuh

Kamera: Marcus Winterbauer

Szenenbild: Reinhild Blaschke

Schnitt: Inge Schneider

Produktionsfirma: Lichtblick Media

Drehbuch: Antje Kruska, Judith Keil

Regie: Antje Kruska, Judith Keil

EA: 15.01.2011 22:45 Uhr | Arte

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