Wo auch immer in der Umgebung rund um den österreichischen Mondsee jemand stirbt – die vier Begräbnisweiber sind nicht weit: die Bäuerin Julie (Adele Neuhauser), die Wirtin Maria (Brigitte Kren), die Gemeindesekretärin Sabine (Martina Poel) und Piefke Lola Brandt (Julia Stinshoff), die junge Dorfärztin. Zwar hat der Paulmichl die polizeiliche Dienstmarke – aber der ermittelt gerade eben so erfolgreich, wie sein Name nach was klingt. Das Muster ist altbekannt, Hobbydetektive, die besser sind als die „Profis“ sind so alt wie die Serien-Geschichte. Ob „Pfarrer Braun“, „Wilsberg“, „Die Verbrechen des Professor Capellari“ oder „Adelheid und ihre Mörder“ – ganz besonders hierzulande sind diese „kriminalisierenden“ Kombinationsgenies beliebt. Bei unseren alpenländischen Nachbarn ist das nicht anders. Seit 2004 ermittelt im Grenzgebiet zwischen Oberösterreich und Salzburg das resche Quartett in leicht variierter Besetzung: die deutsche Serien-Grande-Dame Gaby Dohm wurde in Staffel 3 durch Sitcom-Queen Stinshoff ersetzt und seit Staffel 4 ist Multitalent Miriam Stein („Unsere Mütter, unsere Väter“) mit im Boot. Endlich kommt die Serie ins deutsche Fernsehen!
„Präsentiert wird eine sorgfältig inszenierte, schön schräge Mischung aus herkömmlichem Krimi und ländlich-sittlicher Satire, getragen von staubtrockenem Dialogwitz, den die Protagonistinnen mit spürbarer Spielfreude vortragen.“ (Tiroler Tageszeitung)
„Vier Frauen und ein Todesfall“ spielt in einer völlig anderen Liga als die zahlreichen Vorabendversuche der ARD in Sachen Provinzkrimi. Diese vier Schneckerln haben manchmal ein ganz schön „giftiges Goscherl“ – überhaupt grandios diese Sprache, dieser Wortwitz und diese leichte Dauerironie. Versteht man selbstredend nicht alles, wenn sich hier die vier den Fall verbal zurechtlegen, klingt das schon mal ganz anders als bei den Piefkes: „I glaub net, dass des a Unfoll woar!“ Immer wieder nett auch die kleinen Seitenhiebe auf die typisch österreichische Mentalität inklusive der wohlbekannten Obrigkeitshörigkeit: die Bücklinge vor dem Herrn Baron und Entschuldigungen für die Befragung seitens des Polizeiobermeisters sind einfach köstlich. Man hat wie so oft bei österreichischen Produktionen den Eindruck, bei aller komödiantischen Überhöhung hier auch ein Stück weit alpenländische Wirklichkeit eingefangen zu sehen, quasi im Vorbeigehen, ganz selbstverständlich. Dagegen wirken deutsche Provinzserien (die Ausnahme „Mord mit Aussicht“ bestätigt die Regel) stets ausgedacht und entsprechend bemüht in Komik und Konstruktion. Das Verspielte, das Kauzige, das Schnoddrige, das Hinterfotzige, das müssen die Ösi-Autoren nicht erfinden und ihre Schauspieler sich nicht erspielen – es ist einfach vorhanden, es ist ein Teil der österreichischen Komödientradition. Die Deutschen hatten jahrzehntelang nur den Schwank oder das Boulevard – aber wie soll daraus authentisches, zeitgemäßes Fernsehen werden?
„Das Land hat einerseits die Schönheit, und es gibt diese Sehnsucht des Menschen, den Überblick zu wahren. Dass genau dort der Wahnsinn ausbricht, ist einfach lustig. Wir sagen ja nicht, dass nur die Landbevölkerung deppert ist, bei uns haben alle irgendwo einen Schuss.“ (Adele Neuhauser)
Nicht nur dieses Dorf Ilm (eine Herleitung aus der Produktionsfirma Dor Film) ist anders; der Erzählrhythmus dieser Serie ist auch ein anderer. Das beginnt bei den Dialogen, die fast schon etwas Screwball-Comedy-haftes besitzen. Warum jemanden aussprechen lassen – man kennt sich und deshalb weiß sowieso jeder, was der andere sagen will. Aber selbst noch in einer nach Altväter Sitte szenisch inszenierten Episode wie „Baumsterben“, dem Auftakt zur dritten Staffel (Regie: Serien-Routinier Walter Bannert), stimmt bei allem Oldschool-Look dennoch das Grundtempo. Weil die Charaktere die Musik machen. Und die haben es in sich. Vor allem Adele Neuhauser als Landfrau Julie, die mit ihrem Riechorgan die Morde meist als erste wittert, ist umwerfend: ständig ein beiläufiger Zwischenton, diese Figur lebt und hat Swing. Autor Ulrich Brée hat Neuhauser auch die „Tatort“-Bibi auf den Leib geschrieben.
Abzuwarten bleibt, welchen besonderen Touch der Ausnahmeregisseure Wolfgang Murnberger der dritten Staffel geben wird. In den ersten Staffeln waren noch Harald Sicheritz („Tatort: Ausgelöscht“) und Andreas Prochaska („Spuren des Bösen“) mit von der Partie. Noch ein bisschen schräger soll’s gewesen sein. Nachprüfen lässt sich das sehr gut im Internet: auf MyVideo stehen derzeit einige Folgen zum Abruf bereit. Außerdem läuft in Österreich seit April die fünfte Staffel. Da ist auch die eine oder andere Folge noch in der ORF-Mediathek zu sehen sein. Nötig ist’s, denn diese Serie kann süchtig machen.