Tote leben länger

Ursula Karven und Pierre Besson. Der Privatdetektiv und die schöne Witwe

Foto: NDR
Foto Rainer Tittelbach

Eine Ehefrau, für die ihr Mann zwei Mal gestorben ist, ein heruntergekommener Detektiv, ein zwielichtiger Kommissar und eine Menge Leichen, die den Weg säumen – wie ein deutscher Krimi sieht das nicht aus. „Tote leben länger“ ist eine Räuberpistole, bei der man nicht nach Plausibilität und Glaubwürdigkeit fragen darf. Alles ist möglich, alles ist erlaubt. Nur die Helden bewahren sich ein Stück Moral. Das ist kein Meisterwerk, keine Reminiszenz an Marlowe, das ist Gebrauchsfernsehen in einer ungewöhnlichen Krimi-Variante.

Stella Bruckner ist durcheinander. Ihr Mann Thomas liegt tot vor ihr. Dabei war er für sie doch schon über ein Jahr nicht mehr am Leben. Damals glaubten alle, er sei bei einem Unfall in seinem Auto verbrannt. Weil sie ihn identifiziert hatte, ist Kommissar Rabe heute skeptisch, was die Glaubwürdigkeit der schönen Witwe angeht. Er nimmt an, dass sie mit ihrem Mann, der als Pharmareferent offenbar krumme Sachen gemacht hat, unter einer Decke steckt. Deshalb setzt er den Spitzel Eddi Klever, der sich als Privatdetektiv ausgibt, auf Stella an. Doch der merkt bald, dass die Frau von den Machenschaften ihres Mannes keine Ahnung hat.

Eine Ehefrau, für die ihr Mann zwei Mal gestorben ist, ein Gelegenheitsdetektiv, ein zwielichtiger Kommissar, kurz vor der Pensionierung, und eine Menge Leichen, die den Weg dieser drei Personen säumen – wie ein deutscher Krimi kommt „Tote leben länger“ nicht daher. Der Autor Christos Yiannopoulos schrieb das Drehbuch nach einer amerikanischen Vorlage. Viel vom Plot sei nicht mehr übrig geblieben – „dem NDR war das alles viel zu amerikanisch, mindestens alle zehn Seiten ein Toter“, so Yiannopoulos. Übernommen habe er aber die Erzählhaltung, dieses Philip-Marlowe-Mäßige, diese unpsychologische Herangehensweise an das (zwischen)menschliche Chaos, das in den Beziehungen herrscht.

„Wir wollten eine Geschichte erzählen, die zahllose Wendungen hat, bei denen die Protagonisten und die Zuschauer teilweise den Überblick verlieren.“ Für den Autor war das eine ernsthafte Hommage an ein völlig undeutsches Genre. Der Regisseur Manfred Stelzer hatte offenbar ein wenig mehr Augenzwinkern im Sinn, was sich vor allem im Spiel zwischen den gut aufgelegten Hauptdarstellern zeigt: Pierre Besson und Ursula Karven, deren amerikanischer Produzentenehemann den sehr viel rüderen Ursprungsstoff aufgetan hatte.

Am Ende ist „Tote leben länger“ eine Räuberpistole, bei der man nicht nach Plausibilität fragen darf. Alles ist möglich, alles ist erlaubt. Nur die Helden bewahren sich ein Stück Moral. Das ist kein Meisterwerk, weckt auch keine nachhaltigen Erinnerungen an Bogart & Co. Das ist Gebrauchsfernsehen in einer ungewöhnlichen Krimi-Variante. (Text-Stand: 30.3.2005)

Tote leben längerFoto: NDR
Das ist die Pistole des höchst merkwürdigen Kommissars (Branko Samarowski), gerichtet auf den Privatdetektiv (Pierre Besson). Also keine Räuberpistole. Dieses Prädikat bleibt dem Film „Tote leben länger“ (ARD, 2005) vorbehalten.

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Fernsehfilm

NDR

Mit Ursula Karven, Pierre Besson, Stephan Baumecker, Branko Samarowski, Erika Marozsan

Kamera: Egon Werdin

Szenenbild: Eduard Krajewski

Schnitt: Bernd Schriever

Produktionsfirma: Polyphon

Drehbuch: Christos Yiannopoulos

Regie: Manfred Stelzer

Quote: 6,6 Mio. Zuschauer (20,3% MA)

EA: 30.03.2005 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
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