Lebensmittelvergiftung in der Domstadt. “Wer uns tote Ratten in die Brauerei legt, kann auch Bier vergiften”, sinniert der Kölner Brauereibesitzer Hans-Georg Belcher. Er will bezahlen – Gift im Kölsch kann er sich nicht leisten. Wenig später zieht der Alte während einer überhasteten Geldübergabe eine Pistole, die ihm der Sohnemann zugesteckt hat. Die Bilanz ist niederschmetternd: Belcher tot, Erpresser flüchtig, Geld weg! Nicht gerade ein leichter Einstieg für die Kölner “Tatort”-Kommissare Max Ballauf und Freddy Schenk.
Schon die Eingangsszenen von Markus Fischers Krimi “Trittbrettfahrer” sind ein dramaturgisches Torso. Da aus der Erpressung Mord werden muss, wird sofort Tempo gemacht, und es wird schnell deutlich, wo die Konflikte liegen: “Du wirst mich nie wieder bloß stellen – das verspreche ich dir”, fährt der Sohnemann den Senior an. Und er soll Recht behalten. Es wird konstruiert auf Biegen und Brechen. Auch im weiteren Handlungsverlauf hält Fischer das eingeschlagene Niveau. Dialoge und Dramaturgie miefen. “Mona, ich glaube, der ist tot.” “Tot? … Robert, das ist Mord – Mord!” Wenn Herbert Reinecker noch aktiv wäre, der Vater von “Derrick” könnte es nicht besser machen. Einige der WDR-”Tatorte” der letzten drei Jahre haben es vorbildlich geschafft, gesellschaftlichen Anspruch und Kriminal- Spannung zuschauerfreundlich zu versöhnen. “Bildersturm” oder “Martinsfeuer” waren Highlights des zeitkritischen, nicht trockenen Themen-Krimis.
Die Messlatte also liegt hoch. “Trittbrettfahrer” surft deutlich unten durch. Gehen den WDR-Autoren langsam die “brisanten” Themen aus? “Viele Themen werden heute in den schneller produzierten Krimiserien schon verbraucht und verbrannt”, betont Winfried Bonk, WDR-Leiter für Fernsehfilm und Unterhaltung. “Wenn wir es schaffen, von fünf ‘Tatorten’ in einem Jahr drei mit aktuellen Bezügen zu unterfüttern und das auch noch gute Filme werden lassen – dann ist das schon eine Leistung.” Man müsse dosieren, so die verantwortliche Redakteurin Helga Poche, “man müsse sich fragen, ob man sich schon wieder ein Thema leisten kann, das gerade erst von einem billigen Serien-Krimi verwurstet wurde”. “Trittbrettfahrer” hinterlässt trotz Gruschenka Stevens als kölsche Marilyn und Wolfgang Packhäuser als rüder Privatschnüffler einen ziemlich schalen Nachgeschmack. “Gerne hätten wir in Sachen Lebensmittelvergiftung etwas thematisch Umfassenderes gehabt”, sagt denn auch Redakteurin Poche über das muffige Familiendrama, dem freilich nur die beiden Kommissare ein paar rituelle Glanzlichter aufsetzen können. (Text-Stand: 16.7.2000)