Tatort – Trittbrettfahrer

Behrendt, Bär, Gruschenka Stevens. Dem WDR gehen langsam die Themen aus

Foto: WDR
Foto Rainer Tittelbach

Lebensmittelvergiftung in Köln. Ein Unternehmer bezahlt – auch mit seinem Leben. Der “Tatort –Trittbrettfahrer” von Markus Fischer hält nicht die Qualität der guten Kölner Themenfilm-Krimis der letzten Jahre. Überkonstruiert & umständlich die Story, überhastet & hektisch die Inszenierung. Einziger Hingucker: Gruschenka Stevens als kölsche Marilyn!

Lebensmittelvergiftung in der Domstadt. “Wer uns tote Ratten in die Brauerei legt, kann auch Bier vergiften”, sinniert der Kölner Brauereibesitzer Hans-Georg Belcher. Er will bezahlen – Gift im Kölsch kann er sich nicht leisten. Wenig später zieht der Alte während einer überhasteten Geldübergabe eine Pistole, die ihm der Sohnemann zugesteckt hat. Die Bilanz ist niederschmetternd: Belcher tot, Erpresser flüchtig, Geld weg! Nicht gerade ein leichter Einstieg für die Kölner “Tatort”-Kommissare Max Ballauf und Freddy Schenk.

Schon die Eingangsszenen von Markus Fischers Krimi “Trittbrettfahrer” sind ein dramaturgisches Torso. Da aus der Erpressung Mord werden muss, wird sofort Tempo gemacht, und es wird schnell deutlich, wo die Konflikte liegen: “Du wirst mich nie wieder bloß stellen – das verspreche ich dir”, fährt der Sohnemann den Senior an. Und er soll Recht behalten. Es wird konstruiert auf Biegen und Brechen. Auch im weiteren Handlungsverlauf hält Fischer das eingeschlagene Niveau. Dialoge und Dramaturgie miefen. “Mona, ich glaube, der ist tot.” “Tot? … Robert, das ist Mord – Mord!” Wenn Herbert Reinecker noch aktiv wäre, der Vater von “Derrick” könnte es nicht besser machen. Einige der WDR-”Tatorte” der letzten drei Jahre haben es vorbildlich geschafft, gesellschaftlichen Anspruch und Kriminal- Spannung zuschauerfreundlich zu versöhnen. “Bildersturm” oder “Martinsfeuer” waren Highlights des zeitkritischen, nicht trockenen Themen-Krimis.

Die Messlatte also liegt hoch. “Trittbrettfahrer” surft deutlich unten durch. Gehen den WDR-Autoren langsam die “brisanten” Themen aus? “Viele Themen werden heute in den schneller produzierten Krimiserien schon verbraucht und verbrannt”, betont Winfried Bonk, WDR-Leiter für Fernsehfilm und Unterhaltung. “Wenn wir es schaffen, von fünf ‘Tatorten’ in einem Jahr drei mit aktuellen Bezügen zu unterfüttern und das auch noch gute Filme werden lassen – dann ist das schon eine Leistung.” Man müsse dosieren, so die verantwortliche Redakteurin Helga Poche, “man müsse sich fragen, ob man sich schon wieder ein Thema leisten kann, das gerade erst von einem billigen Serien-Krimi verwurstet wurde”. “Trittbrettfahrer” hinterlässt trotz Gruschenka Stevens als kölsche Marilyn und Wolfgang Packhäuser als rüder Privatschnüffler einen ziemlich schalen Nachgeschmack. “Gerne hätten wir in Sachen Lebensmittelvergiftung etwas thematisch Umfassenderes gehabt”, sagt denn auch Redakteurin Poche über das muffige Familiendrama, dem freilich nur die beiden Kommissare ein paar rituelle Glanzlichter aufsetzen können. (Text-Stand: 16.7.2000)

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Reihe

WDR

Mit Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär, Gruschenka Stevens, Eva Scheurer, Wolfgang Packhäuser, Anna Loos, Martin Glade

Kamera: Jörg Schmidt-Reitwein

Szenenbild: Florian Haarmann, Belcher Kölsch

Schnitt: Mareile Marx

Produktionsfirma: Colonia Media

Drehbuch: Markus Fischer – nach einer Idee von Peter Zingler

Regie: Markus Fischer

Quote: 6,98 Mio. Zuschauer (23,03% MA)

EA: 16.07.2000 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach