Im Jahr 2002 entstand in Hollywood der Film „Mord nach Plan“ mit Sandra Bullock: Zwei Schüler töten eine junge Frau; sie wollten beweisen, dass sie selbst dann straffrei blieben, wenn die Polizei sie mit der Tat in Verbindung bringen würde. Das Drehbuch basiert auf grausiger Realität: Ein Jahr zuvor hatten zwei römische Jura-Studenten willkürlich eine Kommilitonin erschossen. Es kam zu mehreren Prozessen, doch sie wurden nie verurteilt. Claus Cornelius Fischer ließ sich von diesem Verbrechen zu seinem Drehbuch inspirieren. Die Geschichte konfrontiert die Münchener Kommissare Ivo Batic und Franz Leitmayr mit einem Mord ohne Motiv: Eine junge Frau liegt tot im Schnee, wie vom Himmel gefallen. Es gibt keinerlei Hinweise auf mögliche Täter, keine Verdächtigen im Umfeld der Toten, nichts. Bis Leitmayr einen Glassplitter entdeckt, der von einem Autoscheinwerfer stammen könnte. Die Spur führt das Duo zu dem jungen Oliver Hufland (Wanja Mues), der sich großspurig als „Privatier“ bezeichnet und ein Leben des luxuriösen Müßiggangs führt.
Die Figur des Brokers, der seinen Reichtum illegalen Insider-Geschäften verdankt, erinnert als Gegenentwurf an selige Zeiten des „Kommissars“ vom ZDF: Damals stammten die Mörder grundsätzlich aus Münchener Nobelvororten. Doch die Konstellation ist enorm reizvoll. Hier die hochmoralischen Ermittler, dort der amoralische Schnösel: Kein Wunder, dass sich Batic und Leitmayr provoziert fühlen. Eine Weile lang halten Fischer und Regisseur Tobias Ineichen die Ungewissheit aufrecht, doch dann geben sie auf: Allen Beteiligten ist klar, dass Hufland und sein etwas weniger großspuriger Freund Jasper (Jan Henrik Stahlberg) das Mädchen ermordet haben. Auch dem Vater der Toten, der das Gesetz selbst in die Hand nimmt.
Ineichen gelingt das Kunststück, den „Tatort“ einerseits völlig unaufgeregt zu inszenieren, die Spannung andererseits auf kontinuierlich hohem Niveau zu halten; ohne Frage nicht zuletzt eine Leistung der Darsteller. Neben den beiden wie stets ungemein präsenten Hauptdarstellern imponiert vor allem Brandner, dessen Trauer sehr bewegend ist. Gemessen daran hat Mues die scheinbar einfachere Rolle, muss er doch bloß einen smarten, aalglatten Typen verkörpern, der seine soziopathischen Züge hinter einer freundlichen Fassade verbirgt. Den intensivsten Eindruck hinterlässt jedoch Katja Jerabek, eine Stunt-Frau, die bei 16 Grad minus weitgehend unbekleidet durch den Schnee taumeln musste, verfolgt von einem gleichgültigen Wagen, dessen Insassen auf den Tod warten; in all ihrer Wortlosigkeit und dank des titelgebenden nächtlichen Schneetreibens eine ungemein bedrückende Szene. (Text-Stand: 18.12.2005)