Kommissarin Lürsen fällt die Treppe runter und schlittert haarscharf an einer Wirbelsäulenfraktur vorbei, doch ihr gehe es „so gut wie lang nicht“, strahlt sie. Das Heilmittel gegen ihre Verbissenheit ist der behandelnde Arzt. „Tatort“-Dauerstress-Patient Inga Lürsen hat Schmetterlinge im Bauch. Was sie nicht davon abhält, nach und nach wieder die Führung in einem verzwickten Raubmordfall zu übernehmen. Das muss sie auch. Denn Kollege Stedefreund steht ein wenig neben sich. Bei einem nächtlichen Einbruch in den Bungalow eines wohlhabenden Unternehmers kam dessen Ehefrau zu Tode: eine Ex-Freundin des Kommissars. Und ihr Bruder, auch Polizist, war sein bester Freund während der Ausbildungszeit. Der will die Sache selbst in die Hand nehmen und erschwert damit die Ermittlungen. Auch dessen Ex-Freundin ist in den Fall verwickelt. Sie arbeitet als Assistentin in der Firma des überfallenen Ehepaars. Da es sich um eine Einbruchserie handelt, schließt Stedefreund private Motive zunächst aus. Anders Lürsen. Sie vermutet einen Mordkomplott.
„Tatort: Königskinder“ beginnt doppelt spannend: da ist der nächtliche Einbruch, der mit einem Knalleffekt endet, da sind der Treppensturz und ein Mord, die den Hormonspiegel der Kommissare gewaltig durcheinander bringen. Auch der zweite Polizist, der den Dirty Harry raushängen lässt, erhöht das anfängliche Konfliktpotenzial. So konnte Autor Thorsten Näter die Ermittlungen langsam angehen lassen, hatte genügend emotionales „Füllmaterial“, um den Zuschauer bei Laune zu halten. Der Regisseur Näter inszenierte das alles, grundsolide, mit 1-A-Schauspielern, von denen vor allem Bibiana Beglau im Bereich Drama und Peter Kremer im Bereich Wohlfühlfilm besonders angenehm auffallen. Dass gerade diese kleineren Charaktere ins Auge stechen, ist kein Zufall: Die „Gäste“ aus der ersten Reihe haben es schwerer – müssen sie doch all das, was den Krimiplot vordergründig zum Laufen bringt und was nicht unbedingt psychologisch plausibel ist, auf ihre Schulter nehmen. So ist am Ende „Königskinder“ ein „Tatort“, den man als solide gebauten, leicht überkonstruierten Krimi rasch abhaken wird. Ein Film, der einen Hang zur Räuberpistole hat – mit viel Drama und Emotion, viel Blut und etwas Action. Ein Film, der sich gut gucken lässt. Und ein Lächeln steht Postel/Lürsen so gut wie Mommsen/Stedefreund feuchte Augen. (Text-Stand: 7.2.2010)