Im neuen Bodensee-„Tatort“ gibt das berühmte Fadenkreuz seine klaren Konturen am Ende des Intros auf. Ein signifikantes Vorzeichen. „Der Polizistinnenmörder“ ist ein Grenzgänger in doppelter Hinsicht: Kommissarin Blum verlässt ihr angestammtes Territorium Konstanz, um im deutsch-schweizerischen Niemandsland einem Showdown entgegenzugehen, der mehr von einem Western besitzt als von einem herkömmlichen Fernsehkrimi. „Krimis sind oft entweder nur Rätsel oder nur versteckte Sozialdramen“, so Regisseur Florian Froschmayer. Genre hin oder her – sein Ziel war es, „einen emotionalen Fall, verpackt in eine unterhaltsame Schnitzeljagd“ zu realisieren. Das Drehbuch von Leo P. Ard gab die passende Vorlage.
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Bereits die ersten Minuten sind ungewöhnlich actionreich für einen „Tatort“ mit Eva Mattes. Ein missglückter Zugriff von Kommissarin Blum kostet einer jungen Polizistin das Leben. Der Waffenhändler, der sich der Festnahme entzieht und jetzt auch unter Mordverdacht steht, setzt sich in die Schweiz ab. Auch hier hat Reto Flückiger von der Seepolizei seit längerem einen Waffenhändler im Visier. Meiners und jener Eidgenosse Hutter stehen in „Geschäftsverbindung“. Als der Deutsche von der Polizei in der Schweiz festgenommen werden kann, verschieben sich die Koalitionen: Hutter, der fürchtet Meiners könnte gegen ihn aussagen, setzt seine Leute auf ihn an. Die Überführung des Waffenhändlers nach Konstanz wird auch für die Kommissare zu einem lebensgefährlichen Job. „Wir sind hier in der Schweiz, nicht im Wilden Westen“, lächelt Flückiger. Noch lächelt er.
Zwei Polizisten und ein tatverdächtiger Zeuge im Kugelhagel – Killern ausgeliefert, irgendwo im Schnee, ohne Handy und bald auch ohne Auto, dafür mit einer Kugel im Bein. Doch die nächste verlassene Scheune wartet schon – und auch ein Doc ist nicht weit. Nach „Mörder auf Amrum“ spielt in dieser Woche nun schon der zweite TV-Krimi mit den alt bewährten Stereotypen des Western-Genres. „Polizistinnenmörder“ bindet klassische Versatzstücke in die Krimihandlung ein. Auch wenn sich Ard außerdem noch des Road-Movies bedient, hat er es weniger als Kollege Markus Imboden auf Regelbrüche abgesehen. Aber auch ohne doppelten Boden und mit Klischee-Bösewichtern ist dieser „Tatort“ des gebürtigen Schweizers Florian Froschmayer („Borowski und die heile Welt“) mit seiner Entlastung vom Zwang zu allzu großer Wahrscheinlichkeit und Glaubwürdigkeit eine Abwechslung, die sich die Krimi-Reihen öfters leisten sollten. Der BR-„Tatort: Wir sind die Guten“ und „Der Polizistinnenmörder“ sind ein Anfang! (Text-Stand: 17.1.2010)