Für Kinder und junge Jugendliche hat allein der Reihenname „Tatort“ etwas Faszinierendes: weil sie zumindest in bürgerlichen Haushalten die Krimis nicht sehen dürfen. Diesmal können Eltern getrost eine Ausnahme machen, zumal doch Yvonne Catterfeld mitspielt: Die Folge „Der Name der Orchidee“ könnte auch im Kika laufen; Kinderkrimis von Enid Blyton sind in der Regel spannender. Blumenliebhaber und erst recht Orchideenfreunde aber werden begeistert sein und vermutlich genauestens hinhören, ob denn bei der floristischen Fachsimpelei auch alles mit rechten Dingen zugeht. Das wird es wohl, denn Autoren pflegen bei Sujets wie diesen gründlich zu recherchieren. Schade nur, dass Dorothee Schön über ihre Begeisterung für die Gattung der Orchidaceae prompt ein wenig die Geschichte aus den Augen verloren hat. Oder aber, man weiß das ja nie so genau: Das Drehbuch war prima und Regisseur Jürgen Bretzinger ist bei der Umsetzung die Spannung verloren gegangen.
Zumindest ist die Handlung ungewöhnlich. Sie trägt sich auf der Mainau zu, was viele Menschen freuen wird, denn die Blumeninsel ist auf der ganzen Welt bekannt. Derzeit darbt sie allerdings etwas: Auch hier haben die Touristenströme abgenommen, weshalb ein wenig Werbung gar nicht schaden kann. Es durfte also ausgiebig gedreht werden auf der Mainau. Kurz vor einem Orchideenwettbewerb wird im berühmten Palmenhaus ein Inselangestellter erschlagen, was prompt zu dem Scherz führt, der Gärtner könne diesmal nicht der Mörder sein, denn er sei ja das Opfer. Alsbald stellen Klara Blum und ihr stets in feinstes Tuch gekleideter Assistent Perlmann fest, dass die Wettbewerbsteilnehmer offenbar ein Völkchen für sich sind. Wie besessen suchen sie nach dem Heiligen Gral aller Floristen, dem Sagen umwobenen Roten Frauenschuh. Anscheinend hat der Ermordete den Leiter der Jury, Raven (du Mont), und die etwas schräge Botanikerin Martini (Seibt) gegeneinander ausgespielt.
Wie schon zuletzt in „Die Spieler“ sorgt auch hier die extravagante ältere Dame für den Comedy-Strang: Dr. Martini pflegt sich nackt im Wintergärten ihren Orchideen hinzugeben und lüftet bereitwillig ihren Morgenrock, als sie im Antlitz der Kommissarin einen Zweifel entdeckt; allerdings hat man das Gefühl, sie hätte den Morgenrock ohnehin gelüftet, weil die Figur um jeden Preis unkonventionell zu wirken hat. Selbstredend ist sie Alt-68erin, natürlich kifft sie gern, und ohne Frage findet Blum sie sympathisch. Muss sie ja auch, denn Martinis Gegenspieler ist aalglatt und mit seinem aristokratischen Habitus so gar nicht nach dem Geschmack der Kommissarin. Eva Mattes, bei der man immer das Gefühl hat, sie könnte und wollte eigentlich mehr aus dieser Figur machen, muss auch diesmal das verständnisvolle Seelchen geben. Dafür sind Kameramann Hans-Jörg Allgeier wieder schöne Bilder vom Bodensee gelungen. Der Köder Catterfeld aber ist fast eine Frechheit, denn der frühere „GZSZ“-Star hat bloß zwei Miniauftritte. (Text-Stand: 6.3.2005)