Von Zeit zu Zeit gönnt sich Kaspar Heidelbach, der die Kölner Kommissare einst auf den Weg brachte, eine Rückkehr an den „Tatort“; und prompt laufen seine beiden Weggefährten meist zu Bestform auf. Auch in dem Action-Krimi „Das Phantom“ schenken sich Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) nichts: kein Rüffel ohne Revanche, keine Pointe ohne Retourkutsche. Und weil die Geschichte von Norbert Ehry stammt, einem der besten Autoren für Krimi-Drehbücher, kann „Das Phantom“ schon jetzt als einer der packendsten „Tatort“-Filme dieses Jahres gelten. Um einen Krimi handelt es sich allerdings allenfalls in zweiter Linie. Heidelbach hat sich oft genug als Action-Spezialist erwiesen; in diesem „Tatort“ wird so viel geschossen wie schon lange nicht mehr.
Dabei riecht die Story zunächst nach einem typischen Hitchcock-Stoff: Ein junger Mann (Roman Knizka) „sitzt“ schon seit fast sechs Jahren für einen Banküberfall, den er nie begangen hat. Die Wahrheit dämmert Schenk, als er auf dem Video-Mitschnitt eines Raubüberfalls einen Täter erkennt, der Ronald Lochte wie einem Zwilling gleicht. Dessen schöne Freundin (Katharina Müller-Elmau) wiederum hat ihn mittlerweile überredet zu gestehen, damit er vorzeitig entlassen wird. Als sein Gesuch abgewiesen wird, dreht er durch, erschlägt einen Beamten und flieht. Von nun an hinterlässt er quer durch Köln eine blutige Spur: Die jahrelang aufgestaute Wut bahnt sich ihren Weg. Während Ballauf in Lochte bloß einen offenbar blindwütigen Killer sieht, bleibt er für Freddy Schenk trotzdem ein Opfer.
Geschickt gelingt Heidelbach und Ehry die Balance zwischen Action und Entspannung. Die Dialoge von Ballauf und Schenk sind weitaus amüsanter als zuletzt. Ohnehin profitiert der Film davon, dass die beiden Kommissar wieder stärker in den Mittelpunkt rücken. Roman Knizka schließlich ist ihnen ein würdiger Gegenspieler. Wie kurz zuvor in einer „Stahlnetz“-Folge spielt Knizka erneut einen Mann, der eigentlich als Sympathieträger prädestiniert ist, dem aber irgendwann die Sicherungen durchbrennen. Ziel seiner Rache ist natürlich nicht zuletzt Kommissar Schenk, den er bei Nacht und Nebel im Güterbahnhof auf die Gleise fesselt. Vor allem aber lebt der Film von Heidelbachs souveräner Inszenierung. Bezeichnend dafür ist jene lakonische Szene, in der die beiden Kommissare den Doppelgänger im Kölner Großmarkt lässig in die Enge treiben. (Text-Stand: 9.6.2003)