In einer der besten Wohngegenden von Saarbrücken wurde eingebrochen. In der Wohnung findet die Polizei die Leiche der ermordeten Bewohnerin Cora Reuters. Neben ihr liegt einer der Täter. Er kommt schwerverletzt ins Krankenhaus. Der Safe ist aufgebrochen, aber nicht geleert. 50-70.000 schätzt Kommissarin Heinrich (Ines Marie Westernströer). Der routiniert ablaufende Einsatz beendet das gemeinsame Abendessen des Kripoteams im Chinarestaurant. Einer aus dem Quartett ist da schon gegangen. Adam Schürk wurde von seinem Vater Roland (Torsten Michaelis) gerufen. Es sei dringend. Zu Beginn der eigentlichen Ermittlungen sitzt Adam also nicht mehr mit dem Rücken zum Aquarium beim Chinesen, sondern seinem verhassten Vater gegenüber. Auch der undurchschaubare Roland Schürk hält sich Tiere hinter Glas. In der einen Ecke seines Terrariums züngelt eine afrikanische Kapkobra, in der anderen kauert ein nicht minder giftiger Regenbogenfrosch. Ein heftiger Puls durchzuckt das Tier. Es braucht keine Worte und nur eine Nahaufnahme, um zu wissen: Das wird nicht gut ausgehen.
Was Roland Schürk mit dem Treffen bezweckt bleibt vorerst unklar. Die Geschichte springt zwischen Schauplätzen und Zeitebenen hin und her, unterbricht und verzögert damit geschickt die zentrale Gefahr, die von der vergifteten Vater-Sohn-Beziehung ausgeht. Zum einen erzählt der „Tatort – Das Herz der Schlange“ an der Seite der Ermittler von der Aufklärung einer Einbruchsserie. Am zweiten Schauplatz steigert sich die Vater-Sohn-Begegnung in kammerspielartigen Szenen zum spannenden Duell. Und dazwischen dirigiert der ehrenwerte Dr. Rogall (Michael Rotschopf) eine Schar von Ex-Knackis wie Marionetten in einem bösen Stück. Mal agiert Rogall aus dem Büro seiner Anwaltskanzlei, mal sitzt er in einem dunklen Raum vor einer Batterie von Monitoren. Sie zeigen Aufzeichnungen von den Einbruchsorten. Auch die Kommissare haben inzwischen eine Struktur erkannt: In mehreren Häusern wurde zweimal eingebrochen. Beim ersten Mal installierten die Täter Überwachungskameras in den Rauchmeldern, um beim zweiten Bruch sicher zu finden, wonach sie suchen. Regisseurin Luzie Loose („Schwimmen“, „Druck“, „Wir“) inszeniert auf allen drei Ebenen klar und ohne unnötige Längen. Dezente Sound-Effekte unterstützen die vage Bedrohung.
Nach der ersten Viertelstunde wird zumindest eine Bedrohung sehr konkret. Der zweite Leichenfund bringt einen dringenden Mordverdacht gegen den untergetauchten Adam Schürk mit sich. Hauptkommissar Leo Hölzer weiß am besten, was das heißt. Der Fall wird dem Team entzogen, es hat keine Handhabe, dem Freund zu helfen. Noch mehr als zuvor konzentriert sich die Kamera jetzt auf Hölzer. Während Daniel Sträßer der Figur des Adam Schürk eine Physiognomie verleiht, die ihn ebenso als Cop wie als verschlagenen Täter durchgehen lässt, unterstreichen die Nahaufnahmen von Hölzer dessen Verzweiflung. Schürks Augen sind schmal, der misstrauische Blick meist nach oben gerichtet, Hölzer schaut offenen Auges ins Verderben, lässt dabei Verwundbarkeit zu. Nachdem die Freunde sich heimlich getroffen haben, kreist die Kamera um ihn. Längst ist der Fall seine sehr persönliche Angelegenheit. Sekunden davor überzeugt auch die Dramaturgie. Während viele Krimis den verzweifelten Schürk im Radius einer immer schneller drehenden Spannungsschraube weiter in die Flucht gejagt hätten, entscheidet sich „Tatort – Im Auge der Schlange“ für das Gegenteil. „Bleib ruhig“, rät Hölzer seinem Freund. Der Zugriff der Polizei verläuft ohne jede Gewalt…
Statements zum „Tatort“ von Regisseurin Luzie Loose:
„Ich hatte einfach große Lust darauf, mit einem Ensemble zu arbeiten, in dem sich die Figuren gerade noch finden und wir sie gemeinsam mit den Schauspieler*innen entdecken und weiterentwickeln können.“
„Mein Ziel für den Film war nicht, ein bestimmtes Genre zu bedienen, sondern diese Figuren dicht und nachvollziehbar zu erzählen und gleichzeitig genug Geheimnisse zu wahren für folgende Filme.“
Die zweite Hälfte des Films widmet sich der Verstrickung von Vater Schürk in die Einbruchsserie und erzählt, was beim letzten Treffen zwischen Vater und Sohn geschah. Das ist eine Geschichte, die einfach nacherzählt keiner glauben würde, die in ihrer filmischen Umsetzung jedoch gefangen nimmt und überzeugt. Die Tragik: Nur wer es mit eigenen Augen sieht, kann an Adam Schürks Unschuld glauben. Die Lösung darf an dieser Stelle natürlich noch nicht verraten werden. Auch wenn der Showdown mit einer fahrigen Suche nach dem richtigen „Stick“ keinen Zuschauer vom Hocker hauen wird: Der dritte Fall aus Saarbrücken ist angenehm „tricky“ und entlässt einen seiner Helden mit einem vergifteten Erbe. Auf dieser Erzählebene kann es also noch weitere Überraschungen geben. Grundsätzlich aber sind es die beiden Kommissarinnen, denen ein sorgfältiges Profil und eine eigene Geschichte jetzt gutstehen würde. Im dritten Fall durften sie fast nur erklären und observieren.