Tatort – Bitteres Brot

Mattes, Bezzel, Jentsch, Stolze. Ein Perlchen für Blümchen & viel Krimibaukasten

Foto: SWR / Schweigert
Foto Tilmann P. Gangloff

In der Walpurgisnacht stirbt eine junge Bäckerin im Backofen wie die Hexe in „Hänsel und Gretel“. Damit endet aber auch schon jede Originalität dieses „Tatorts“. Der Rest ist Krimi-Routine made by Bodensee, angereichert mit Dramaturgie-Klischees, die dieser Reihe eigentlich unwürdig sind. Allein der neue schnöselige Kollege bringt Farbe ins Spiel.

Ein makabrer Tod: Ausgerechnet in der Walpurgisnacht stirbt eine junge Bäckerin im Backofen; wie die Hexe in „Hänsel und Gretel“. Damit endet aber auch schon jede Originalität dieses „Tatorts“. Von den Krimis vom Bodensee konnte bislang noch kein einziger restlos überzeugen, und auch „Bitteres Brot“ wird daran nichts ändern. Das hat mehrere Gründe. Vermutlich liegt es auch an Eva Mattes. Selbst wenn man ihr gern bei der Arbeit zuschaut: Die mütterliche und stets verständnisvolle Klara Blum, die ihre Fälle eher mit Herz als mit Verstand zu lösen pflegt, entspricht nun mal gar nicht dem landläufigen Bild einer Hauptkommissarin.

Und dann erst die Fälle: keiner, der nicht von vorn bis hinten konstruiert gewirkt hätte; so auch diesmal. Sämtliche Indizien deuten derart hartnäckig auf einen Täter hin, dass klar sein soll: Der kann’s gar nicht gewesen sein. Trotzdem gelingt es Autorin Dorothee Schön, die mit „1000 Tode“ einen der besten Bodensee-„Tatorte“ und bereits mehrere reizvolle Geschichten für Lena Odenthal geschrieben hat, am Ende doch noch für eine verblüffende Lösung zu sorgen. Plötzlich erscheint der komplette Film in ganz anderem Licht; aber da ist es zu spät.

Immerhin lernt man eine Menge über den Broterwerb des Bäckers. Im Zentrum der Handlung steht Familie Kemmerlang, die jahrelang vom Vater gequält und misshandelt worden ist. Die Nachbarn haben geschwiegen; wie die Mutter. Eines Tages haben die Töchter ihren Erzeuger wegen Missbrauchs und Vergewaltigung angezeigt. Nach sechs Jahren Gefängnis ist er nun wieder draußen. Prompt stirbt die ältere Tochter im Backofen. Die Obduktion ergibt: Sie war noch Jungfrau. Sämtliche Indizien deuten auf den Vater, sogar der Sauerteig ist versalzen, wie er das früher stets zu tun pflegte, um seine Töchter bestrafen zu können. Vehement klagt die zweite Tochter (Julia Jentsch) ihren Vater (Ulrich Gebauer) an, doch Kemmerlang hat ein Alibi. Leider spielt die junge Julia Jentsch ihre Rolle als Bäckerstochter bei weitem nicht differenziert genug, um wirklich rätselhaft zu wirken. Außerdem sind die Spuren so auffällig, das klar Die sind mit Absicht gelegt worden, um den Verdacht auf den Vater zu lenken.

Jürgen Bretzinger, auch er „Tatort“-erfahren, inszeniert „Bitteres Brot“ wie Teig, der erst noch gehen muss: schön langsam und behäbig; scheint für Krimis aus der Provinz offenbar unvermeidlich zu sein. Selbst richtig gute Schauspieler pflegen zudem zu scheitern, wenn sie Dialoge aus dem Krimibaukasten aufsagen müssen („Sie denken doch nicht…?“ – „Ich muss in all Richtungen ermitteln.“). Für ein bisschen Abwechslung sorgt immerhin eine neue Figur: Frau Blum hat jetzt einen Partner, Kai Perlmann (Sebastian Bezzel), einen schnöseligen Golfspieler, dem sie den Wind aus den Segeln nimmt, indem sie ihn „Perlchen“ nennt. Perlchen passt ja auch prima zu Assistentin „Beckchen“. Bloß „Blümchen“ sagt keiner, aber das kommt sicher auch noch.

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Reihe

SWR

Mit Eva Mattes, Sebastian Bezzel, Ulrich Gebauer, Julia Jentsch, Lena Stolze, Justine Hauer

Kamera: Hans-Jörg Allgeier

Szenenbild: Florian Haarmann

Schnitt: Roswitha Gnädig

Produktionsfirma: Südwestrundfunk

Drehbuch: Dorothee Schön

Regie: Jürgen Bretzinger

Quote: 8,42 Mio. Zuschauer (23,4% MA)

EA: 18.01.2004 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

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