Tatort – Bienzle und der steinerne Gast

Kommissar Bienzle: etwas für Mitrate-Fans, doch "für Jugendliche nicht geeignet"

Foto: SWR
Foto Rainer Tittelbach

Ein Mord in der Stuttgarter Staatsoper beschäftigt Hauptkommissar Bienzle. Felix Huby zieht mal wieder alle Register der gepflegten Wer-war-der-Mörder-Dramaturgie mit all ihren Spiel- und Spannungsmomenten und den genreüblichen Unglaubwürdigkeiten. Wer’s mag!

Ein Mord in der Stuttgarter Staatsoper beschäftigt im neuen SWR-”Tatort“ Hauptkommissar Bienzle. Der Krimi verspricht ein extravagantes Milieu mit eigenwilligem Personal. Von großem Theater kündet auch der Mord und dessen Werkzeug: ein Jagdmesser aus der Rüstkammer des Hauses wurde effektvoll in den Rücken des Opfers gerammt. Die Verdächtigen mögen sich anders benehmen, doch die Motive für die Tat sind selbst am Ort der hehren Musen dieselben. Und so zieht der schwäbische Drehbuch-Routinier Felix Huby in “Bienzle und der steinerne Gast” mal wieder alle Register der gepflegten Wer-war-der-Mörder-Dramaturgie mit all ihren Spiel- und Spannungsmomenten und den genreüblichen Unglaubwürdigkeiten.

Erwischt hat es den HNO-Arzt und Sänger-Vertrauten der Oper. Alle haben sie ihn offenbar geschätzt und geliebt. Hier zu ermitteln wird für Bienzle zur Tortur. Opernsänger reden nicht, sie singen. Und so muss er ins Umfeld der Verdächtigen eintauchen und die Vergangenheit nach Mordmotiven befragen. Dabei stößt er auf einen Ex-Bariton, dem es die Stimme verschlagen hat und der jetzt als Inspizient sein Dasein fristet. Verdächtig ist auch der traurige Bassist, dessen Ehe kaputt ist und dessen Tochter im Koma liegt, oder der jungenhafte Beleuchter, der gern mal zulangt. Selbst der umtriebige Intendant kommt als Täter in Frage: er stand beim eifrig Kredite gewährenden Arzt dick in der Kreide. Und die Sopranistin steckt voll zügelloser Leidenschaft. Denkbar ist alles. Der Fall scheint Bienzle die letzten Haare zu kosten. Oder ist es der nahende 50. seiner besseren Hälfte Hannelore, der ihn so alt aussehen lässt?!

Hubys Krimis waren schon mal inspirierter und ambitionierter. Auch seine Dialoge stammten nicht immer aus dem Handbuch der Klischees. Als Intrigantenstadel mit einem Füllhorn falscher Fährten und mit absoluter Mitrate-Garantie funktionieren seine kriminalistischen Erfindungen aber fast (noch) immer. Wer also nur dem Täter und Schauspielern wie Jürgen Tarrach, Max Gertsch oder Maren Kroymann auf der Spur sein will – der liegt bei “Bienzle und der steinerne Gast” richtig. Aber die jüngeren Zuschauer?! Gäbe es noch die warnende Stimme der Ansagerin wie in den 60er Jahren, dann müsste es am Sonntag nach der “Tagesschau” heißen: “Dieser Film ist für Jugendliche nicht geeignet!”

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Reihe

SWR

Mit Dietz-Werner Steck, Rita Russek, Jürgen Tarrach, Maren Kroymann, Rüdiger Wandel, Max Gertsch

Kamera: Hans-Jörg Allgeier

Schnitt: Katja Habermehl

Musik: Joe Mubare

Produktionsfirma: Südwestrundfunk

Drehbuch: Felix Huby

Regie: Hartmut Griesmayr

EA: 25.07.2004 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach