Tatort – Bienzle und der heimliche Zeuge

Dietz Werner Steck, Russek, Trepte, Huby. Bienzle lässt die Verdächtigen zappeln

Foto: SWR
Foto Tilmann P. Gangloff

Ein kleiner Junge als Mordzeuge – ein immer wieder wirkungsvolles Krimi-Muster. Felix Huby präsentiert vier Verdächtige, die für einen Mord an der Managerin eines erfolgreichen Knabenchores in Frage kommen. Ein Whodunit für Liebhaber altmodischer Krimigeschichten, nicht unclever konstruiert. Dafür stört das Overacting einiger Nebendarsteller gewaltig.

Ein kleiner Junge als Mordzeuge: Das gab es schon öfter (unerreicht in Peter Weirs Kino-Klassiker „Der einzige Zeuge“). Felix Huby gelingt es dennoch, dem Grundmuster neue Seiten abzugewinnen: Der Junge hat zwar die Tat beobachtet, vom Mörder jedoch bloß die (allerdings markanten) Schuhe gesehen; der Täter wiederum weiß nur, dass es einen kleinen Zeugen gibt; seine Identität kennt er nicht. Und da man auch als Zuschauer den Mord allein aus der Perspektive des Jungen miterlebt hat, darf man nun fleißig mitknobeln.

In diesem Fall ist das in der Tat reizvoll, denn Huby präsentiert gleich vier Verdächtige, die für den Mord an der Managerin eines erfolgreichen Knabenchores in Frage kommen. Da ist zum einen der Vater des kleinen Zeugen, mit dem die Tote ein ebenso böses Spiel getrieben hat wie mit dem Leiter des Chores. Obwohl die Sangesgröße in erster Linie sein Verdienst ist, droht ihm seine Homosexualität zum Verhängnis zu werden: Die Managerin will keinen schwulen Dirigenten dulden. Sein Freund wiederum, ein Pfarrer, will natürlich nicht riskieren, dass die Beziehung der beiden publik wird. Und dann ist da noch der unangenehm ehrgeizige Vorsitzende des Fördervereins (Zierl). Er möchte gern Leiter der Stuttgarter Musikfestspiele werden und hatte zur Toten ein offenbar mehr als bloß ein geschäftliches Verhältnis.

Die Liebhaber altmodischer Kriminalgeschichten kommen also voll und ganz auf ihre Kosten, zumal Bienzle (Dietz Werner Steck) sämtliche Verdächtigen genüsslich erst mal zappeln lässt. Stil und Tempo von Arend Aghtes Inszenierung entsprechen Hubys Drehbuch. Wie praktisch alle „Tatorte“ aus Stuttgart verzichtet auch diese Folge auf vordergründige Effekte; die Zeichnung der Charaktere ist Autor und Regisseur deutlich wichtiger. Deshalb stört es um so mehr, dass einige der Nebendarsteller alles andere als leise Töne wählen und auftrumpfen, als gelte es, im voll besetzten Theater auch noch die letzte Reihe zu erreichen. Um so erholsamer ist die souveräne, ruhige Art von Dietz Werner Steck, der wie stets der ruhende Pol der Handlung ist. In einem Gastauftritt ist übrigens Herta Däubler-Gmelin zu sehen; sie kommt dank eines hieb- & stichfesten Alibis als Verdächtige aber nicht in Frage. (Text-Stand: 2001)

Tatort – Bienzle und der heimliche ZeugeFoto: SWR
Schatten und übertriebenes Mienenspiel. Optisch ein Hauch von Edgar Wallace in „Tatort – Bienzle und der heimliche Zeuge“

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Reihe

SWR

Mit Dietz Werner Steck, Rüdiger Wandel, Rita Russek, Ludwig Trepte, Jeffrey Zach, Helmut Zierl, Michael Lott

Kamera: Hans-Jörg Allgeier

Szenenbild: Klaus Wischmann

Schnitt: Carola Hülsebus

Produktionsfirma: Südwestrundfunk

Drehbuch: Felix Huby

Regie: Arend Agthe

EA: 06.05.2001 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach