Das musste ja passieren. Im Gegensatz zu Ingo Naujocks, der einige Jahre lang an der Seite von Maria Furtwängler einen festen Platz hatte, war es von vornherein klar, dass Hannes Jaenicke in den Krimis aus Niedersachsen nur eine Art Gastrolle spielen würde. Die Frage war bloß: Wie würde Staatssekretär Endres abtreten? Zunächst jedoch geriet er selbst ins Visier der Ermittlungen: Bei einem Verkehrsunfall stirbt der Chef eines Nahrungsmittelkonzerns. Das Unternehmen war kurz zuvor auf äußerst unangenehme Weise in die Schlagzeilen geraten, weil eine Nudelsauce Pestizide enthalten und erhebliche gesundheitliche Schäden verursacht hatte. Die Polizei ist überzeugt, dass der Tod des Mannes mit dem Skandal zusammenhängt. Und Lindholm wird den Verdacht nicht los, dass auch ihr Lover in der Sache mit drin steckt.
Regisseur Thomas Jauch (abonniert auf den „Tatort“ mit Furtwängler) setzt in „Atemnot“ ganz aufs Gefühl. Als wollten die Autoren Thorsten Näter und Verena Mahlow Furtwänglers unterkühlte Art auf Teufel komm raus mit der Weiblichkeit ihrer Figur konfrontieren, muss sich die Kommissarin konsequent unprofessionell verhalten, ihre Liebe über das Recht stellen und Endres aus den Ermittlungen raushalten. Das kann natürlich nicht gut gehen, zumal immer deutlicher wird, dass der Staatsekretär ganz eindeutig in den Fall verwickelt ist. Auf fast perfide Weise gelingt es dem Drehbuch, die Hinweise auf den Sympathieträger zunehmend zu verdichten. Daher ist man ständig hin und hergerissen, zumal Jaenicke es bestens versteht, das Wohlwollen des Zuschauers immer wieder auf die Probe zu stellen.
Der Fall selbst wird alsbald nebensächlich, schließlich drängt die Geschichte mit Macht in Richtung Melodram. Großes Drama also, das Jauch auch durch seine Inszenierung auf die Spitze treibt, indem er an maßgeblicher Stelle eine der abgenutztesten Filmmetapher überhaupt bemüht. Das ist nicht originell, trägt aber enorm dazu bei, dass man den Krimi mit einem dicken Kloß im Hals beendet. Für einen „Tatort“ aber hat die Szene dennoch einen besonderen Stellenwert: Wie weiland Schimanski und wie von den aktuellen Mitstreitern allein Lena Odenthal stößt Charlotte Lindholm damit in eine Dimension von Tragik vor, die derartigen Reihenfiguren nur ganz selten vorbehalten ist. Doch so sehr das Finale zu Herzen geht: Zuvor offenbart gerade das Drehbuch diverse Schwächen. Immer wieder muss Lindholm das Publikum mit Wissensbissen füttern, indem sie ihre Kollegen über Dinge in Kenntnis setzt, die diesen längst bekannt sind; für einen Autor ein erzählerischer Offenbarungseid.