Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec, bei ihrem „Tatort“-Einstand immerhin schon Anfang bzw. Mitte dreißig, erinnern in „Animals“ (1991) an zwei eifrige Abiturienten, die etwas großspurig Polizei spielen und in jeder Hinsicht ständig übers Ziel hinausschießen. Allerdings liefern ihnen die klischeehaften Rollenentwürfe (Buch: Max Zihlmann, Veith von Fürstenberg) auch jede Menge Vorlagen: Batic ist der temperamentvolle Jugoslawe, der gern mal einen herzhaften kroatischen Fluch von sich gibt, Wachtveitl ein modischer Yuppie mit knallrotem Porsche, der oft kaputtgeht. Das Auto verschwand irgendwann ebenso wie seine Freundin.
Die Geschichte ist ein typischer Themen-„Tatort“, wie er einige Jahre später bei den Krimis aus Köln eine Weile lang fast zur Regel wurde. Es geht um Tierversuche, und weil sich Batic im Verlauf des Films eine Videokassette mit entsprechenden Aufnahmen anschaut, wird auch das Publikum mit Bildern konfrontiert, die sich viele Menschen unter Garantie lieber erspart hätten. Die Experimente mit Katzen und Affen sind pure Folter; kaum vorstellbar, dass dieses schockierende Material heute noch in einem ARD-Sonntagskrimi verwendet würde. Den in solchen Fällen unvermeidlichen Vortrag mit Statistiken etcetera muss Batic auf denkbar unoriginelle Weise halten: indem er Leitmayr eine Passage aus einem Buch vorliest.
Ähnlich schlicht ist der eigentliche Handlungskern: Als Batic eine Tierschützerin (Angelika Bartsch) abblitzen lässt, die die Tierversuche eines Kosmetikunternehmens anprangert, wird die Frau selbst aktiv, bricht nachts gemeinsam mit dem Fotografen Fred Grimm in die Fabrik ein und lässt die Hunde frei. Firmenchef Pelzer (Béla Erny) überrascht sie dabei und hetzt seinen Rottweiler auf die Frau; der Kampfhund beißt ihr die Kehle durch. Grimm kann ihr nicht helfen, hat die Tat aber fotografiert und will Pelzer nun mit Hilfe eines Journalisten (Edwin Nöel), der Angelika geliebt hat, erpressen. Auf nicht ganz nachvollziehbare Weise finden sich am Ende alle handelnden Personen auf dem Bauernhof eines Hundefängers ein; der Mann hat Pelzer mit Versuchstieren versorgt, die er vor Geschäften und aus Autos gestohlen hat. Der Film endet mit einem mäßig fesselnden Finale und allerlei Tätlichkeiten.
Interessanter als die Geschichte sind verschiedene Personalien: Den Fotografen verkörpert Michael Fitz, der zwei Filme und zwanzig Monate später als Carlo Menzinger Dritter im Bunde des Münchener „Tatort“-Teams wurde. Regie führte der Österreicher Walter Bannert, der später als Lieblingsregisseur von Ottfried Fischer viele Folgen „Ein Bayer auf Rügen“ und „Der Bulle von Tölz“ gedreht hat. Anke Sevenich spielt ein fragiles Fotomodell, das früher mit Batic liiert war und sich nun von Pelzer aushalten lässt. In einer winzigen Nebenrolle (als Grimms Freundin) wirkt die spätere Regisseurin Sharon von Wietersheim mit. Hörenswert ist auch die schlagzeug- und gitarrenbetonte rockige Musik von Paul Vincent Gunia, der lange ein begehrter Studiomusiker war, eher er sich auf das Komponieren von Fernsehfilmmusik konzentrierte. Die Tonspur von „Animals“ ist ohnehin sehr laut, weil die Maschinen in der Kosmetikfabrik und im Zeitungsverlag viel Krach machen. Dass der Journalist sein Büro direkt neben der Druckerpresse hat, ist zwar etwas unglaubwürdig, aber die Figur ist ohnehin die klischeehafteste von allen; dass der Mann Alkoholiker ist, versteht sich fast von selbst.
Auch wenn „Animals“ aus heutiger Sicht gerade aufgrund seiner Spannungsarmut allenfalls mittelprächtig ist, sorgte das neue Duo zu Beginn der Neunziger zumindest für Münchener Verhältnisse für eine völlig neue Ausrichtung. Der Bayerische Rundfunk hatte sich lange schwer getan, einen geeigneten Nachfolger für Gustl Bayrhammer zu finden; der Volksschauspieler hatte die Krimis aus Bayern in den Siebzigerjahren als bodenständiger Hauptkommissar Veigl geprägt. Sein Assistent Lenz (Helmut Fischer) ermittelte zwar als neuer Chef weiter, aber nur sieben Fälle lang; die Kommissare Scherrer (Hans Brenner, ein Fall) und Brandenburg (Horst Bollmann, zwei Fälle) waren allerdings noch kürzer im Amt. Damit man auch unzweifelhaft mitbekam, dass nun ein frischer Wind wehte, singen die beiden neuen zum Auftakt bei der gemeinsamen Autofahrt zum Präsidium „Only You“; beim Aussteigen tritt Batic in Hundescheiße. Viele Dialoge wirken angestrengt witzig, und mitunter ist es fast rührend, wie sich das Duo bemüht, möglichst lässig aufzutreten. All’ das hat sich zum Glück im Lauf der Jahre eingespielt und abgeschliffen; heute sind Leitmayr und Batic nach Lena Odenthal die dienstältesten „Tatort“-Protagonisten. (Text-Stand: 4.8.2016)