Wir schreiben das Jahr 1980. Einige Bhagwan-Anhänger aus Berlin wollen ausgerechnet in einem erzkatholischen oberbayerischen Dorf ein Therapie-Zentrum gründen. Energetisches Zentrum der spirituellen Kommune ist Sonnenschein Amrita (Petra Schmidt-Schaller). Ihr derzeitiger Partner Siddharta (Georg Friedrich) hat jenen Bauernhof geerbt, der zum Ort der Erleuchtung umgebaut werden soll. Alle sind happy – außer Amritas zwölfjähriger Tochter Lili (Amber Bongard), die neben ihrem jüngeren Bruder das einzige Kind in der Sannyasin-Gemeinschaft ist. Sie schämt sich für ihre „Eltern“, sie will zur Dorfgemeinschaft dazugehören. Um bei der 350-Jahrfeier mitmachen zu können, flüchtet sich das Mädchen in ein Doppelleben: in der Kommune macht sie auf Orange, in der Schule auf „Heidi“. Während die Mutter auf der Suche nach sich selbst ihre Tochter vernachlässigt und ihre Erfüllung zwischenzeitlich in den Armen eines Gurus aus der US-Hauptzentrale der Erleuchtung findet, tritt die verunsicherte Lili, adrett gescheitelt und gezopft, der örtlichen Blaskapelle bei. Dann naht das große Fest, mit ihm der Eklat – und die kleine Lili wird immer verzweifelter…
„Der Film ist im besten Sinne volkstümlich, bodenständig, nicht besserwisserisch… Ein Mix aus Klamauk und Nostalgie, ein Heimatfilm, der unterhält und zu Herzen geht, mit spirituellem Mehrwert“ („Aspekte“, ZDF)
„Modern, aber mit Respekt vor der Tradition, offen, aber voller Vaterlandsverbundenheit – so malte sich Rosenmüller sein Bayern mit einigen psychedelischen Pinselstrichen aus. („Die Welt“)
„Der Film konsequent aus der Sicht der Kinder hätte der Geschichte vielleicht mehr Tiefe verliehen und Lilis Gefühlen mehr Raum verschafft…“ („Abendzeitung“)
Foto: BR / Roxy / Odeon / Hartmann
Zwischen Urschreitherapie und Dorftradition, zwischen wallenden Gewändern und strammen Lederhosen bewegt sich Marcus H. Rosenmüllers verspielte Culture-Clash-Komödie „Sommer in Orange“. Obwohl die Drehbuchautorin, die Dokumentarfilmerin Ursula Gruber, die selbst in einer Bhagwan-Wohngemeinschaft in Bayern aufgewachsen ist, sich in ihrer Kindheit nichts sehnlicher als „eine ganz normale Familie“ gewünscht hatte, ist es kein Abrechnungsfilm geworden, sondern eine milde, warmherzige Nostalgie-Reise in eine Zeitgeist-Variante der frühen 1980er Jahre. Die versöhnliche Tonlage mit entsprechendem Feelgood-Happyend hat zum einen etwas mit der kindlichen Erzählperspektive zu tun, zum anderen ist sie die logische Folge aus der nicht übertrieben ausgespielten sozialen Dichotomie der Story: Wer in „Sommer in Orange“ eine Botschaft sucht – der kann sie finden im Plädoyer gegen Vorurteile und Engstirnigkeit sowie dem Plädoyer für einen freien Geist, Individualität und Unabhängigkeit.
Es sind leise Plädoyers. Gruber und Rosenmüller wollen in erster Linie erzählen, sie wollen fabulieren, Erinnerungen wecken. Damit einher gehen die Liebe zum Detail, die Aufsplitterung der Geschichte in kleine Episoden, der ständige Wechsel der Perspektiven. Gruber und Rosenmüller wollen Sannyasins wie Dörfler auch ein bisschen karikieren und persiflieren. Das Bemerkenswerte dabei: keine der Hauptfiguren wird der Lächerlichkeit preisgeben – alle, ob Amrita, Siddharta oder Lili, bleiben offen für Verletzungen. Das alles bei grundsätzlich leichter Tonlage im Gleichgewicht zu halten, ist sehr viel schwieriger, als auf eine pointierte (Erzähl-)Haltung zu setzen, die einige Kritiker zur Kinopremiere einforderten. Doch dann wäre „Sommer in Orange“ sicher nicht der leichtfüßige Film geworden, der er ist.