Es ist Liebe auf den ersten Blick. Marc rammt mit dem Rad Jils Auto. Dann geht alles verdammt schnell. Es gibt nur ein Problem: sie heißt Grüngras, er Norderstedt, sie ist Jüdin und er ein blonder, blauäugiger Deutscher. Jils Familienbande sind eng und sie ist tief verwurzelt mit den jiddischen Riten. Also wird aus Marc Norderstedt „Jonathan Rosenzweig“. Einen Abend zum Sabbatmahl klappt das ganz gut, aber der Gegenbesuch endet in einem Fiasko mit Judenwitzen und Anspielung auf den Holocaust. Nach einer kurzen Auszeit will sich Jil nicht länger von ihrer Familie vorschreiben lassen, wen sie zu lieben habe. Die Bar-Mizwa-Feier von Jils Großcousin wird ein rauschendes Fest, bei dem sich auch Marcs Eltern großartig amüsieren. Das Ganze hat nur einen Schönheitsfehler: die Grüngras-Sippe ist noch immer nicht darüber aufgeklärt, dass die Norderstedts nicht Rosenzweig heißen.
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„So ein Schlamassel“ erzählt eine interkulturelle Liebesgeschichte, wie man sie zuletzt bei „Türkisch für Anfänger“ oder „Meine verrückte türkische Hochzeit“ im deutsch-türkischen Milieu gesehen hat. Es ist ungewöhnlich, dass sich ein deutscher Fernsehfilm so detailliert mit dem Leben einer gläubigen jüdischen Familie auseinandersetzt. Ohne die erfolgreiche Pionierarbeit von „Alles außer Zucker“, der Überraschungskinohit, der sechs Filmpreise gewann, wäre „So ein Schlamassel“ wohl nicht produziert worden. Dass die Belange der Juden in Deutschland nicht auf der Ebene des gespielten Witzes (ver)enden – dafür sorgte die Produzentin Alice Brauner, Tochter des legendären Berliner Filmproduzenten Artur Brauner.
Gewiss hätte dieser Komödie etwas mehr jüdischer Witz und Woody Allenscher Hintersinn nicht geschadet. Auch dramaturgisch ist der Film an Harmlosigkeit kaum zu überbieten. Dennoch folgt man der Geschichte und seinen Gesichtern gern, da die Vielzahl an Personen die vorhersehbare Handlung im Detail sehr viel abwechslungsreicher macht. Rolf Hoppe als schwerhöriger, blähbäuchiger Goi-Hasser ist ideal besetzt, perfekt gecastet sind auch Mendl, Sägebrecht und Hallwachs, Landgrebe und Zirner, wenngleich Rollen und Dialoge mehr Feinschliff benötigt hätten. So ist dieses 90-minütige Komödien-Leichtgewicht ganz nett anzuschauen, doch mit dem politischen Biss und den respektlosen Lachsalven von „Alles auf Zucker“ darf man hier nicht rechnen. Das Beste, was man über den ARD-Freitagsfilm sagen kann: besser als Traumhotels und blanker Kitsch ist dieser TV-Schlamassel allemal. Und Natalia Avelon und Johannes Zirner sind für Degeto-Verhältnisse geradezu ein Premium-Paar.