Ein junger Polizist hat sich die Dienstwaffe in den Mund gesteckt und abgedrückt. „Du hast keine Ahnung, was bei uns abgeht“, sagte er noch am Abend vor seinem Selbstmord zu Schimanski, der bei einem Polizeieinsatz im Viertel einige Ungereimtheiten beobachtet hatte. Das Schicksal des Jungen lässt dem Ex-Bullen keine Ruhe. Schimanski ist seit Jahren mit der Mutter des Toten, der Eckkneipenbesitzerin Sonja, befreundet. Es kommt außerdem der Verdacht auf, der Jungpolizist habe sich kaufen lassen. Als wenig später eine rumänische Prostituierte im Rhein gefunden wird, wollen ihn die ermittelnden Kollegen sogar zum Mörder machen. Für Schimanski passt das alles nicht zusammen. Also schnüffelt er durchs Milieu – und bekommt dafür die Quittung: Seine Freundin Marie-Claire wird bei einer Polizeikontrolle übel schikaniert, dann wird ihr Wagen brutal gerammt und schließlich fallen Schüsse.
Götz George über Schimanski 2011:
„Schimanski ist mit mir und ich bin mit ihm älter geworden. Körperlich präsent ist er noch immer, er kann noch immer über Asphalt rollen und auch noch immer zuschlagen, wenn er will, aber das passiert alles langsamer und nicht mehr mit der Wucht wie vor zehn Jahren.“
Foto: WDR / Willi Weber
Zum 45. Mal ist Horst Schimanski im Einsatz. Auch als Rentner kann er es nicht lassen. Er muss sich einmischen. Gerade auch, weil es um den Ruf und die Zukunft der Polizei geht. Was ist das für eine Welt, in der Polizisten gemeinsame Sache mit Verbrechern machen und ihre Kollegen erschießen? Die Polizisten eines „Problemreviers“, das ins Visier der internen Ermittler geraten ist, stimmen alle dieselben Klagen an: emotional überfordert, unterbezahlt und ständig Anfeindungen ausgesetzt – das zehrt an den Nerven, nebenbei „Dazuverdientes“ beruhigt da ein wenig. Diese Stimmung färbt in „Schuld und Sühne“ auch auf Schimanski ab. Freundin und Freund im Krankenhaus – wer macht da noch Witzchen? „Schimanski ist nachdenklicher geworden und nicht mehr so fröhlich“, sagt denn auch Götz George.
Der 16. Fall von Schimanski a.D. beginnt als linear erzählter Milieu-Krimi. Der Held geht den Weg, den er gehen muss. Die erste Stunde lebt von Schimanski und der Wiederbelebung des Realismus-Konzepts: viele Personen, viele Fragen und viel vom alten Mythos Duisburg. Spannung kommt in den letzten 20 Minuten auf – auch wenn die Verteilung von integer und korrupt relativ schnell relativ klar ist. „Schuld und Sühne“ ist ein kleiner „Schimanski“ – und der Held ist leiser geworden. Das ist gut so. Ein pensionierter Bulle sollte keine Türen mehr eintreten. Alles geht eine Currywurst-Länge ruhiger vonstatten. Schimanski ist desillusionierter geworden und er nimmt den Zustand der Welt mit Altersmilde zur Kenntnis. Doch sein Wertesystem ist noch intakt. Ob man Schimanski noch braucht? Sicher, eine gewachsene Figur wie er bietet beste Möglichkeiten, die historischen Veränderungen in der Gesellschaft und auch die Unterschiede zwischen den Generationen zu reflektieren. Außerdem erzählt ein 30 Jahre alter TV-Mythos mehr als die aktuelle Geschichte und ist darüber hinaus ein schönes Spielzeug der Populärkultur, dessen man sich nicht ohne Not berauben sollte.