Die Ehe von Ella (Dobra) & Oscar (von Stetten) ist in die Jahre gekommen, die gegenseitigen Anziehungskräfte sind erlahmt, Sex ist kein Thema mehr. Das befreundete Paar Alfie (Dana Golombek) & Grace (Mathias Herrmann) gibt ihnen den Tipp, mit Hilfe von Seitensprüngen Würze in die Beziehung zu bringen. Tatsächlich finden sich bald entsprechende Kandidaten: Ella lernt einen schmucken Fotografen kennen, Oscar eine hübsche.deutlich jüngere Fitness-Trainerin. Letztlich schaffen es beide nicht, über ihren moralischen Schatten zu springen, aber sie lassen sich gegenseitig in dem Glauben, sie hätten eine leidenschaftliche Nacht erlebt; und plötzlich steht die Ehe auf dem Spiel, weil beide an der Liebe des anderen zweifeln.
Gerade für die Zielgruppe der „Herzkino“-Filme könnte das ein Stoff von großer Relevanz sein. „Lizenz zum Seitensprung“ beginnt mit der Feier der Silbernen Hochzeit, aber die Frage, wie eine Beziehung lebendig bleibt und nicht zur Routine verkommt, stellt sich den meisten Paaren nicht erst nach 25 Jahren. Das „Pilcher“- und „Traumschiff“-erprobte Drehbuchduo Martin Wilke und Jochen S. Franken hat sich also durchaus eines Sujets angenommen, mit dem sich Denkanstöße verbinden ließen. Die Botschaft der Geschichte erinnert dagegen an Janoschs berühmtes Kinderbuch „Oh, wie schön ist Panama“: Zuhause ist es doch am schönsten. Das Drehbuch verschenkt seine Idee nicht nur, es verrät sie sogar, denn am Ende ist bei Ella und Oscar alles wieder in Butter, wie der Film nachdrücklich mit viel Margarine-Reklame-Licht verdeutlicht. Und damit auch noch der Letzte kapieren soll, dass Seitensprünge ein Spiel mit dem Feuer sind, geht die Ehe von Alfie und Grace in die Brüche.
Foto: ZDF / Jon Ailes
Immerhin wird das weitere Leben von Ella und Oscar durch einen Schwiegersohn bereichert, denn wie in vielen „Herzkino“-Filmen gibt es einen weiteren Erzählstrang mit einer vergleichsweise jugendlichen Romanze: Tochter Lexi (Teresa Rizos), eine sehr junge Mutter, verliebt sich in Sam (Christian Wunderlich), den neuen Besitzer eines örtlichen Lokals, der dort eigenes Bier brauen will. Lexi arbeitet in der Brauerei ihres Vaters und versucht schon lange, Oscar dazu zu überreden, sich auch mal an modernen Bieren zu versuchen, aber Oscar will der Familientradition treu bleiben; auf diese Weise reichert das Drehbuch die Geschichte um ein bisschen Generationskonflikt an. Darstellerisch ist dieser Teil der Handlung sogar interessanter, denn während die Routiniers Anica Dobra und Heio von Stetten in vielen ihrer gemeinsamen Szenen mimisch dauernd „Komödie“ signalisieren, sodass von vornherein keinerlei Zweifel am Ausgang des „Konflikts“ aufkommen, wirkt die Nebenebene fast facettenreicher. Teresa Rizos tut sich allerdings vor allem durch ihre Ähnlichkeit mit Dobra hervor; ansonsten gibt die Regie ihr kaum Gelegenheit, mehr als ihre großen blauen Augen zur Geltung zu bringen. Außerdem irritiert die gebürtige Münchenerin ähnlich wie früher die allerdings in Serbien aufgewachsene Dobra durch eine stark akzentuierte Aussprache; ihre Dialoge klingen, als konzentriere sie sich mehr auf die Wörter als auf den Inhalt. Wunderlich wiederum, einst bekannt geworden als Titelfigur der ZDF-Serie „Nesthocker“ (1999 bis 2001), macht seine Sache als „love interest“ zwar ordentlich, ist aber bei weitem nicht der „heiße Hingucker“, als den ihn Lexis Freundinnen anpreisen. Selbst das passt jedoch, denn die jugendlichen Liebhaber sind im „Herzkino“ seltsamerweise ohnehin meist ziemlich blass.
Auch sonst ist „Lizenz zum Seitensprung“ weitgehend Sonntagabendunterhaltung von der „Pilcher“-Stange. Die Musik dient allein der Bildbeschallung und setzt keinerlei Akzente, die Kamera sorgt dank diverser Cabriofahrten in Strandsichtweite für die gewohnten Schauwerte (Sonne und Meer, gern aus der Vogelperspektive), das Domizil des Ehepaars wirkt wie ein umgesetzter „Schöner Wohnen“-Katalog für englische Landsitze, die Kostüme sind ebenso geschmackvoll wie langweilig. Das immerhin ist schlüssig, weil die beiden Hauptfiguren auf diese Weise natürlich charakterisiert werden. Ähnlich ältlich wie die Kleidung von Oscar und Ella ist ein Viagra-Sketch, aber selbst der passt insofern, als er das Humorniveau dieser 128. Rosamunde-Pilcher-Verfilmung im ZDF perfekt repräsentiert. (Text-Stand: 21.1.2016)