Rosamunde Pilcher – Haustausch mit Hindernissen

Wanda Perdelwitz, Oliver Franck und einige ewige Sünden der „Herzkino“-Reihe

Foto: ZDF / Jon Ailes
Foto Tilmann P. Gangloff

Die Handlung des Rosamunde-Pilcher-Films „Haustausch mit Hindernissen“ (Episode 133!) ist wie so oft beim „Herzkino“ des ZDF ein leicht zu durchschauender Vorwand für die übliche Liebesgeschichte, aber die Story ist trotzdem ganz nett: Eine eigentlich gebundene Australierin findet dank eines Haustauschs ihr Glück in Cornwall. Vor allem jedoch hat die Romanze einen echten Einschaltgrund zu bieten: Hauptdarstellerin Wanda Perdelwitz ist ein in jeder Hinsicht sehenswerter Ausgleich zu den einfallslosen Versatzstücken der „Pilcher“-Reihe mit ihren ständigen Küstenflügen und der klebrigen Plastikmusik.

Seit die ARD-Tochter Degeto den Freitagsfilm reformiert hat, ist „Rosamunde Pilcher“ unter den Fernsehfilmreihen das letzte Synonym für garantiert seichte Stoffe. Tatsächlich sind die Adaptionen, die meist nur noch von Ferne auf Vorlagen der vor allem in Deutschland äußerst beliebten Schriftstellerin basieren, oftmals echte Wundertüten, die immer wieder Überraschungen enthalten. Hin und wieder sind die gesamten Filme geglückt, aber manchmal lohnt sich das Einschalten schon deshalb, weil das ZDF wieder mal eine kaum bekannte junge Hauptdarstellerin entdeckt hat. Im Fall von „Haustausch mit Hindernissen“ ist das Wanda Perdelwitz, auch wenn „Entdeckung“ nicht ganz stimmt: Die Schauspielerin gehört seit 2012 zum Ensemble der ARD-Vorabendserie „Großstadtrevier“ und hat vor einigen Jahren schon die Titelrolle in der Katie-Fforde-Verfilmung „Harriets Traum“ gespielt (damals noch als Wanda Colombina). Der Pilcher-Film mag ansonsten Fernsehen von der „Herzkino“-Stange sein, aber Perdelwitz macht mit Frische, Energie und Attraktivität all’ die mehr oder weniger einfallslos kombinierten Versatzstücke aus Schmuckbildern, Sonnenuntergängen, Cabriofahrten auf Küstenstraßen und klebrigen Streicherklängen wieder wett.

Rosamunde Pilcher – Haustausch mit HindernissenFoto: ZDF / Jon Ailes
Durch die finanzielle Notlage können Olivia (Ursela Monn) und Fergus (Peter Prager) ihrer Stute nicht die notwendige Hilfe zukommen lassen. Sarah (Wanda Perdelwitz) fühlt mit und trifft eine überraschende Entscheidung. Maximilian & Schoenenberger

Auch die Geschichte entwickelt sich recht hübsch: Nach einer Fehlgeburt ist die Beziehung des australischen Paares Sarah (Perdelwitz) und Michael (Felix Maximilian) in eine Krise geraten. Ein Tapetenwechsel soll für neue Impulse sorgen. Mit Hilfe einer Agentur tauschen sie ihre Wohnung in Melbourne für vier Wochen gegen ein Häuschen in Cornwall. Das Urlaubsdomizil entpuppt sich als imposantes Anwesen, hinter dessen mondäner Fassade allerdings der Zahn der Zeit nagt. Wie sich herausstellt, sind die Besitzer, das dem Spielteufel verfallene Ehepaar Jenkins (Ursela Monn & Peter Prager), hoffnungslos verschuldet. Anscheinend haben sich die beiden aus dem Staub gemacht; in Melbourne sind sie jedenfalls nie eingetroffen. Wirtschaftsprüferin Sarah, Anfang dreißig und in Cornwall geboren, aber schon als kleines Kind mit ihren Eltern ausgewandert, fühlt sich umgehend wie zuhause; Michael dagegen kann mit dem Landleben nichts anfangen. Als im Pferdestall ein Brand ausbricht, bei dem Sarah mit Hilfe von Verwalter Albert (René Schoenenberger) gerade noch rechtzeitig zwei wertvolle Zuchttiere retten kann, kommt sie mit Hilfe des schmucken Anwalts David Leary (Oliver Franck), der eigentlich einen potenziellen Käufer des Anwesens vertritt, einem miesen Spiel auf die Spur; und auch sonst entdeckt sie an David, gegen den sie zunächst eine herzliche Abneigung verspürte, immer sympathischere Seiten.

Geschickt baut Drehbuchautorin Susanne Hertel die emotionale Spannung auf, sorgt aber gleichzeitig immer wieder für heitere Momente. Das sind oft Kleinigkeiten, etwa die Suche Sarahs nach dem Haus der Jenkins’, als von ihrem Navigationssystem immer wieder zur gleichen Weggabelung geleitet wird, wo sie mal rechts, mal links abbiegen soll. Und weil Pilcher-Filme selbstredend moralisch einwandfrei sein müssen, erzählt Hertel parallel zur sich anbahnenden Romanze von Sarah und David, wie es ihrem Freund ergeht: Der ist erfolgreicher Architekt und hält sich vorwiegend in London auf, wo sich seine Auftraggeberin Victoria unverhohlen an ihn ranschmeißt. Wie viel zu oft im Sonntagsfilm sorgt auch hier die Besetzung dafür, dass von Anfang an kein Zweifel daran besteht, wer in dieser Geschichte zusammengehört: Michael ist eine typische Soap-Figur und bekommt keinerlei Tiefe; allerdings gibt Felix Maximilian dem jungen Mann auch nicht viel Ausstrahlung mit. Noch deutlicher sind die Signale, die Victoria aussendet: Die britische Darstellerin Faith Knight hat ein Modelgesicht, das kaum Regungen zeigt, und ist im Gegensatz zu anderen Einheimischen nicht gut synchronisiert; ihre Dialoge werden mit jenen typischen seltsamen Betonungen und Pausen versehen, die Synchronisationen oft so künstlich erscheinen lassen.

Rosamunde Pilcher – Haustausch mit HindernissenFoto: ZDF / Jon Ailes
„Haustausch mit Hindernissen“. Rettung der Pferde in letzter Sekunde. Sarah (Wanda Perdelwitz) & Albert (René Schoenenberger)

Dieses Detail kann man Stefan Bartmann, dessen Arbeit seit zehn Jahren von den Sonntagsfilmmarken „Pilcher“, „Traumschiff“ und „Kreuzfahrt ins Glück“ dominiert wird, vermutlich ebenso wenig anlasten wie die sehr nach Computer klingende Musik von Andreas Weidinger, die ein echter Ausschaltimpuls ist. Die Führung der Schauspieler aber ist die vornehmste Aufgabe der Regie. Bei den beiden Hauptdarstellern ist sie ihm vorzüglich gelungen, denn auch Oliver Franck, am ehesten durch seine Rolle an der Seite von Isabell Gerschke in der ARD-Vorabendserie „Akte Ex“ bekannt, macht seine Sache gut und sorgt dafür, dass Anwalt David nicht nur wegen seiner Grübchen von Anfang an eine interessante Figur ist. Bei Ursela Monn und Peter Prager hingegen hat sich Bartmann anscheinend angesichts der enormen Erfahrung der beiden alten Hasen jede Anweisung erspart; sie schießen mimisch in nahezu jeder Szene übers Ziel hinaus, sind gleichzeitig aber von großer Betulichkeit, was wiederum dem gesamten Stil des Films entspricht.

Wie man eine Figur so anlegt, dass sie sich zwar erschließt, aber dennoch ein gewisses Geheimnis bewahrt, zeigt René Schoenenberger als Verwalter, der als guter Geist des Besitzes jenen Part ausfüllt, den in anderen Geschichten der Butler innehat. Ähnlich schön wie diese Rolle sind die Szenen, in den Autorin Hertel die Romanze entwickelt, darunter ein Scheunenfest, das Sarah und David zufällig entdecken, als es zu regnen beginnt, und bei dem sie von den Teilnehmern lautstark zum ersten Kuss aufgefordert werden; oder die Geburt eines Fohlens per Kaiserschnitt, den sich das Ehepaar Jenkins nicht leisten kann, weshalb Sarah zu Michaels Unverständnis die Hälfte der Kosten trägt. Als David die andere Hälfte übernimmt, ist ohnehin klar, wie die Sache enden wird, selbst wenn Sarahs Gefühlleben noch einige Aufs und Abs erlebt. Stammzuschauerinnen werden auch früh erahnen, welche Rolle die beiden kleinen Mädchen spielen, die von Albert Reitunterricht bekommen.

In den Szenen mit den Kindern ist Perdelwitz ebenfalls überzeugend, aber selbst sie kann nur mühsam wettmachen, was Bartmann dem Film antut. Typisch für die Einfallslosigkeit der Regie sind die Szenenwechsel nach London, die stur mit Luftaufnahmen des Panoramas und unangebrachtem Streicherjubel eingeleitet werden. Außerdem ist es der Regie nicht gelungen, beiden Handlungssträngen ein ähnliches Gewicht zu geben, sodass die Szenen mit Ehepaar Jenkins wie lästige Unterbrechungen von Sarahs Erlebnissen wirken. Die Produktionsfirma FFP New Media hat ohnehin schon einige Male bewiesen, dass man selbst Pilcher-Plots flotter erzählen kann, damit sie auch für Menschen im Alter der Hauptfigur interessant sind.

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Reihe

ZDF

Mit Wanda Perdelwitz, Oliver Franck, Ursela Monn, Peter Prager, René Schoenenberger, Felix Maximilian, Faith Knight

Kamera: Marc Prill

Szenenbild: Keith Dunne

Kostüm: Friederike Tabea May

Schnitt: Usch Born

Musik: Andreas Weidinger

Produktionsfirma: FFP New Media

Drehbuch: Susanne Hertel – Vorlage: Rosamunde Pilcher („A Touch of Magic“, Kurzgeschichte)

Regie: Stefan Bartmann

Quote: 5,31 Mio. Zuschauer (14,4% MA); Wh. (2020): 3,67 Mio. (9,8% MA)

EA: 18.12.2016 20:15 Uhr | ZDF

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