Der Titel klingt martialischer, als es die Story hergibt: Der Film erzählt die Geschichte einer entwurzelten jungen Frau auf der Suche nach Geborgenheit. Dabei zerstört sie allerdings fast die nie vergessene Liebe eines Paares, das sich vor vielen Jahren aus den Augen verloren hat.
„Evitas Rache“ von Christine Kabisch ist durchaus der übliche Sonntagsfilm, auch wenn die Schauplätze und das Ambiente dieses Mal besonders exquisit sind: Dank Palmen, strahlendem Sonnenschein und viel mediterranem Flair sieht Englands Südwestküste aus wie die Côte d’Azur. Die Landsitze scheinen noch prächtiger als sonst, die geschmackvollen Kostüme sind von schlichter, aber eindrucksvoller Eleganz; dank Ausstattung und luftigem Ausblick wirkt selbst ein stinknormales Polizeirevier wie ein ungemein erstrebenswerter Arbeitsplatz.
Foto: ZDF / Jon Ailes
Die Konflikte entsprechen dagegen den üblichen Herz-Schmerz-Konstellationen: Die junge Evita (Jasmin Lord) kommt nach England, um von ihrem Vater, der sie und ihre verstorbene Mutter vor langer Zeit Jahren verlassen hat, Unterhalt einzufordern. Ihren Erzeuger findet sie zwar nicht, denn er gilt als verschollen, wohl aber seine Frau, Louisa Holmes (Daniela Ziegler), eine Dame von großem gesellschaftlichen Ansehen, die schockiert auf den Anblick des Mädchens reagiert. Evita bittet den Anwalt Peter Morrison (Francis Fulton-Smith), ihre Rechte einzuklagen. Der wiederum kann nicht ahnen, dass Mrs. Holmes die Mutter seiner großen Liebe Anna Williams (Elisabeth Lanz) ist, die er soeben nach 25 Jahren zufällig wieder getroffen hat. Beide sind geschieden, dem gemeinsamen Glück steht eigentlich nichts im Weg; bis Anna herausfindet, dass Evita Peters Mandantin ist; sie wirft ihm vor, die Romanze sei bloß Teil seiner Strategie. Als bei Bauarbeiten auf dem Grundstück von Familie Holmes ein Skelett gefunden wird, ist Evita überzeugt, Louisa habe ihren Vater umgebracht.
Die Bilder von Kameramann Holger Greiß wirken wie aus dem Katalog, zumal sich immer wieder Gelegenheiten finden, Gespräche am Strand zu führen oder ein Picknick mit Aussicht zu veranstalten. Inhaltlich und dramaturgisch aber fällt „Evitas Rache“ nach dem Drehbuch von Gabriele Kister nicht weiter aus dem Rahmen. Allerdings fällt auf, dass ein Nebenstrang bis in Detail einer Erzählebene in der Dora-Heldt-Verfimung „Unzertrennlich“ (16.2.2014) entspricht: Louisa Holmes hat einen Sohn (Thomas Limpinsel), der sich nicht traut, ihr seine Homosexualität zu gestehen, obwohl er seit Jahren mit seinem Lebensgefährten zusammenlebt; dabei reagiert die Dame am Ende völlig gelassen auf die Nachricht.
Auch die Inszenierung setzt keine auffälligen positiven Akzente. Gerade in den Dialogszenen aber sorgen Zwischenschnitte, die die Reaktionen des jeweiligen Zuhörers einfangen, immer wieder dafür, dass selbst ein gestandener Darsteller wie Fulton-Smith ungelenk wirkt. Während Elisabeth Lanz („Tierärztin Dr. Mertens“) mit ihrem Hang zum Alltagston wieder einmal zeigt, dass sie größere Fernsehfilmherausforderungen verdient hätte als die „Herzkino“-Produktionen des ZDF, bleibt die junge Jasmin Lord („Verbotene Liebe“), in deren Gesicht sich so gut wie nichts abspielt, außer großen braunen Augen und vollen Lippen alles schuldig, was man von einer Schauspielerin erwarten darf. Ihr Spiel und die Modulation ihrer Sätze („Ich mach dich fertig, du alte Hexe“) ist noch einen Tick äußerlicher und überbetonter als das des übrigen reichlich affektiert agierenden Ensembles.