Rosamunde Pilcher – Das Vermächtnis unseres Vaters

Lena Meckel, Susanne Hertel, Marco Serafini. Netter Plot, wenig Sorgfalt im Detail

Foto: ZDF / Jon Ailes
Foto Tilmann P. Gangloff

Manchmal sind es bloß Details, die den Unterschied zwischen gelungenen und weniger gelungenen Arbeiten ausmachen: weil Klischees immer die einfachere Lösung sind. Im Fall des Pilcher-Films „Das Vermächtnis unseres Vaters“ (ZDF / FFP New Media) ist das schade. Die Geschichte der jungen Londoner Journalistin, die in Cornwall ihre wahre Herkunft entdeckt und die große Liebe findet, ist zwar nicht gerade originell, sorgt aber für einige Überraschungen; und Lena Meckel reiht sich in Phalanx jener vielversprechenden jungen Schauspielerinnen ein, die im ZDF-„Herzkino“ ihre erste Hauptrolle bekommen haben.

Im „Herzkino“ des ZDF ist immer der Weg das Ziel, denn wie die romantischen Dramen und Komödien enden werden, steht in der Regel von Anfang an fest. Der Reiz der Filme liegt daher nicht zuletzt in der Frage, ob sich die Autorinnen und Autoren wenigstens die eine oder andere Überraschung haben einfallen lassen. Susanne Hertel hat in ihrem Drehbuch zu „Das Vermächtnis unseres Vaters“ bereits im ersten Akt gleich mehrere unerwartete Ereignisse zu bieten. Der Handlungsauftakt entspricht allerdings einem gängigen Muster der Rosamunde-Pilcher-Filme: Eines Tages bekommt die junge Londonerin Iris (Lena Meckel), die nach erfolgreich absolvierter Journalistenschule in einer Pressestelle gelandet ist, Post aus Cornwall. Die unheilbar kranke gleichaltrige Briefschreiberin Greta Winterbottom lockt sie mit einer interessanten Story: Iris soll den letzten Wunsch von Gretas verstorbenem Vaters erfüllen und dafür sorgen, dass seine Segelyacht „Sea Breeze“ seiner verschwundenen großen Liebe Finney vermacht wird. Kurz nach einem ersten Gespräch der beiden Frauen erliegt Greta ihrer Krankheit. Iris will den Auftrag dennoch ausführen und entdeckt, dass er bloß ein Vorwand war, um sie über ihre Herkunft aufzuklären: Finney ist niemand anderes als ihre Mutter Fiona, die einst alle Brücken hinter sich abgebrochen hat, als ihr Freund Gretas Mutter geheiratet hat; der wohlhabende Winterbottom wäre der Vater gewesen, den Iris nie hatte.

Das ist eine schöne und durchaus zu Herzen gehende Geschichte, zumal die zuvor in vielen Nebenrollen besetzte Lena Meckel die emotionale Entwurzelung ihrer Figur glaubwürdig und anrührend spielt: Iris hat das Gefühl, dass ihr gesamtes bisheriges Leben eine Lüge gewesen sei. Mit der Enthüllung enden allerdings auch die unvorhersehbaren Handlungswendungen: Es ist völlig klar, dass sich Gretas Stiefbruder Patrick (Frederik Götz) und Iris ineinander verlieben werden. Patrick engagiert sich als Reporter und Moderator des vom alten Winterbottom gegründeten und ebenfalls Sea Breeze genannten Lokalradios gegen den Bau einer Ölplattform vor der Küste. Spätestens jetzt können alte „Pilcher“-Häsinnen exakt vorhersagen, wie’s weitergehen wird: Kaum haben Iris und Patrick den ersten Kuss getauscht, taucht ihr Freund Marc (Rául Richter) auf. Da der junge Mann eine unangenehme materialistische Seite offenbart und Winterbottoms Witwe Maura (Andrea L’Arronge) auf eigene Faust über Iris’ Status als Alleinerbin informiert, ist er als Herzenskandidat allerdings rasch aus dem Rennen. Dank seines Paar-Tage-Barts und den lässigen Klamotten sieht Patrick ohnehin viel besser aus als Marc mit seinem karierten Jackett und der zur Hose passenden senfgelben Krawatte (die ihm innerhalb einer Szene allerdings abhanden kommt). Pünktlich zum Ende des zweiten Akts tut sich die nicht minder vorhersehbare Kluft zwischen den Liebenden auf: Patrick glaubt, Iris habe ihm die Gefühle nur vorgespielt, weil es ihr in Wirklichkeit bloß ums Erbe geht. Außerdem droht Radio Sea Breeze die Pleite: Mauras Freund Timothy (Kaspar Capparoni) fürchtet um seinen Lebensstandard, schmiedet mit dem Anwalt des Ölkonzerns eine Intrige und sorgt dafür, dass der Sender seine Werbekunden verliert.

Susanne Hertel hat bereits das Drehbuch für den Pilcher-Film „Haustausch mit Hindernissen“ (2016) geschrieben, ebenfalls eine sympathische Geschichte mit gleichfalls sehenswerter Hauptdarstellerin; aber genauso langweilig umgesetzt wie „Das Vermächtnis unseres Vaters“ (Regie führt diesmal ihr Mann Marco Serafini). Mag ja sein, dass die Zielgruppe der Sonntagsfilme im ZDF mit den einfallslosen und immer wieder gleichen Bildern kein Problem hat und eher bemängeln wird, dass der rötliche Lidschatten Lena Meckel kränklich wirken lässt, aber für etwas anspruchsvollere Zuschauer ist es schlicht ärgerlich, wenn Autofahrten in den Pilcher-Produktionen stets an der Küste entlang führen (gern mit Drohne aus der Vogelperspektive gefilmt) und junge Frauen in Cornwall ausnahmslos in Cabrios unterwegs sind. Die stets säuselige Musik gibt solchen Klischees dann den Rest. Auch sonst sorgt die akustische Ebene für Reibungspunkte: Die einheimischen Darsteller sind hörbar synchronisiert, Iris muss unaufmerksame Zuschauer darauf hinweisen, dass Sender und Schiff den gleichen Namen tragen, und als der Ölkonzern schließlich klein beigibt, liest Patricks Kollege ihm die entsprechende Schlagzeile vor, obwohl er ihm gleichzeitig die Zeitung vor die Nase hält. Natürlich können nicht alle Zuschauer englisch, doch der Aufmacher ist auch so unmissverständlich. Die erstbeste Lösung ist eben immer die einfachere; aber manchmal sind es gerade solche Details, die den Unterschied zwischen gelungenen und weniger gelungenen Arbeiten ausmachen. (Text-Stand: 6.1.2018)

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Reihe

ZDF

Mit Lena Meckel, Frederik Götz, Andrea L’Arronge, Kaspar Capparoni, Rául Richter, Nicola Tiggeler

Kamera: Sebastian Wiegärtner

Szenenbild: Anne Daniels

Schnitt: Ilana Goldschmidt

Musik: Patrick M. Schmitz.

Soundtrack: Franziska Hesse („Reunite With You“)

Redaktion: Andrea Klingenschmitt

Produktionsfirma: FFP New Media

Produktion: Heidi Ulmke, Michael Smeaton

Drehbuch: Susanne Hertel – Vorlage: Rosamunde Pilchers „A touch of his lips“ (Kurzgeschichte)

Regie: Marco Serafini

Quote: 5,33 Mio. Zuschauer (14% MA); Wh. (2021): 4,78 Mio. (13,6% MA)

EA: 04.02.2018 20:15 Uhr | ZDF

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