Seit die ARD-Tochter Degeto den Freitagsfilm im „Ersten“ einer gründlichen Reform unterzogen hat, gibt es zumindest in den Programmen von ARD und ZDF vermutlich keinen Sendeplatz mehr, der derart polarisiert wie das „Herzkino“ am Sonntagabend. Gerade der Name Pilcher löst beim anspruchsvollen Publikum unmittelbare Fluchtimpulse aus, und das oft genug völlig zurecht. Auch „Liebe, Diebe, Diamanten“ scheint mit schmalziger Auftaktmusik und Luftaufnahmen der malerischen Cornwall-Küste alle Klischees zu bestätigen. Doch dann entpuppt sich der Film als romantischer Krimi, der nicht nur den Freundinnen des Sendeplatzes Freude bereiten kann, zumal die Darstellungen ausnahmslos glaubwürdig sind. Die Schauspieler passen gut zu ihren Rollen, und auch die jungen Mitglieder des Ensembles, oft eine Schwachstelle dieser Filme, machen ihre Sache überzeugend.
Inszenierung und Bildgestaltung sind allerdings „Herzkino“ von der Stange, was nicht überrascht, schließlich kennt sich Regisseur Marco Serafini (außerdem alles von „Utta Danella“ bis „Traumhotel“) auf dem Sendeplatz bestens aus. Die Geschichte ist gefällig und sogar ein bisschen anspruchsvoll: Nach Jahrzehnten im Ausland kehrt der einstige Minenarbeiter und Gewerkschafter Richard Johnson (Michael Fitz) anlässlich der Hochzeit seiner Tochter Rose (Cornelia Ivancan) in seine Heimat zurück. Richard hat damals eine Bank überfallen, allerdings nicht aus Geldgier, sondern um die Mine zu retten. Er musste fliehen und seine schwangere Freundin zurücklassen. Erst hat Marian (Sibylle Canonica) einige Jahre lang vergeblich darauf gewartet, dass er sie nachholt, und sich dann mit seinem bestem Freund (Helmut Zierl) getröstet. Kein Wunder, dass sich die Wiedersehensfreude der beiden Frauen in Grenzen hält. James Barnes (Ralph Gassmann) freut sich dagegen umso mehr: Der Inspektor ist der Sohn des Polizisten, der Richard damals um die halbe Welt gejagt hat. Ein Teil der Beute ist bis heute nicht wieder aufgetaucht. Dank einer Amnestie kann der immer noch als moderner Robin Hood verehrte Räuber zwar nicht mehr für die Tat belangt werden; aber wenn ihn Barnes mit dem Diebesgut erwischt, kriegt er ihn wegen Hehlerei dran.
All das ist jedoch nur der Hintergrund für diverse Beziehungsgeschichten: Natürlich gibt es nach wie vor viele Gefühle zwischen den einstigen Liebenden. Gleiches gilt für Rose und James, die ebenfalls mal ein Paar waren, und da Gassmann viel zu attraktiv ist, um bloß einen Polizisten zu spielen, ahnt man früh: Da geht noch was, zumal Roses Verlobter Dennis (Gedeon Burkhard) deutlich älter ist als sie. Außerdem ist er Anwalt und somit in einem Pilcher-Film als potenzieller Schurke einzustufen. Auch Richard spürt, dass Dennis irgendwas im Schilde führt, weshalb er die Hochzeit ausgerechnet mit James’ Hilfe verhindern will, was seine Beliebtheit bei Rose naturgemäß nicht gerade steigert.
Das Drehbuch von Martin Wilke und Jochen S. Franken erfreut mit vielen überraschenden Wendungen, baut ein bisschen Gewerkschaftsgeschichte ein und verzichtet sogar darauf, kleine Wissensbissen mit Ausrufezeichen zu versehen. Marians Pension zum Beispiel heißt „Bread & Roses“, nach einer hundert Jahre alten amerikanischen Streikparole; Richard wird beim Besuch in Pub von seinen einstigen Genossen mit dem entsprechenden Lied gefeiert. Außerdem baut das Autorenduo geschickt gleich mehrere Spannungsbögen auf: Wer kriegt am Ende wen, was ist mit der Beute, muss Richard ins Gefängnis, und wer hat ihn überhaupt eingeladen? Bemerkenswert ist auch die Leistung von Emanuel Fitz (als Richards Sohn), dem ziemlich gut aussehenden und sichtlich talentierten Sohn von Michael Fitz. Die Musik bleibt allerdings ein Umschaltgrund: Patrick M. Schmitz untermalt jeden Szenenwechsel völlig unmotiviert mit derart hochfliegendem Gejubel, dass sich das Crescendo beim ersten Kuss von Richard und Marian kaum noch mehr steigern lässt. (Text-Stand: 12.10.2015)