Rehragout-Rendezvous

Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Ed Herzog. Alles fit im Schritt?

Foto: BR, Degeto / Bernd Schuller
Foto Tilmann P. Gangloff

Der künstlerische Wert des neunten Teils der Reihe mit Sebastian Bezzel als schluffiger Provinzpolizist Eberhofer mag überschaubar sein, aber „Rehragout-Rendezvous“ (Degeto, BR / Constantin) hat einen hohen Unterhaltungswert. Der obligate Mordfall spielt allerdings nur eine Nebenrolle, denn der Dorfsheriff hat ganz andere Probleme: Gattin Susi ist zur stellvertretenden Bürgermeisterin ernannt worden, nun ist beim Franz tote Hose. Wichtiger als die Krimiebene sind ohnehin die mit liebevoll formulierten Beleidigungen gespickten Dialoge.

Als der neunte Film aus der Heimatkrimireihe mit Sebastian Bezzel als schluffiger Dorfpolizist im Sommer 2023 in die Kinos kam, übte Rita Falk, Autorin der Romanvorlagen, scharfe Kritik an der Adaption durch Stefan Betz (Buch) und Ed Herzog (Buch und Regie): „platt, trashig, stellenweise sogar ordinär“. Das stimmt sogar; aber „Rehragout-Rendezvous“ ist trotzdem sehr witzig. Das harsche Urteil mutet zudem etwas undankbar an, schließlich dürften die Verfilmungen einen nicht unerheblichen Anteil an Falks Altersversorgung haben. Andererseits lässt sich der Unmut nachvollziehen, selbst wenn ihre Behauptung, sie schäme sich für den Film, übertrieben klingt. Die Viagra-Gags haben zwar einen zwanzig Jahre langen Bart, aber in den Romanen ist der Humor auch gern deftig.

Vermutlich hat sich die Autorin schlicht darüber geärgert, dass Herzog und Betz viel künstlerische Freiheit walten ließen: Offenbar betrachtet das Duo, das seit dem dritten Film („Schweinskopf al dente“, 2016) gemeinsame Sache macht, Falks Vorlagen als Fundus, aus dem es sich nach Belieben bedienen kann. Natürlich wird es bei den Fans der Romanreihe für Verwunderung sorgen, wenn zentrale Details im Zusammenhang mit der Tat, die die Krimiebene ins Rollen bringt, von der Vorlage abweichen, aber so ist das nun mal bei Literaturverfilmungen: Wer den Roman liebt, ist mit der Umsetzung selten zufrieden. Davon abgesehen erzählen die Krimikomödien ohnehin jedes Mal die gleiche Geschichte, zumal sich die Figuren kaum weiterentwickeln. Die Rahmenbedingungen mögen sich geringfügig ändern, doch im Zentrum steht stets die immer wieder aufs Neue erheblichen Belastungsproben ausgesetzte Freundschaft zwischen Eberhofer und dem Privatdetektiv Rudi Birkenberger, der nicht selten zur tragischen Figur der Filme wird; Simon Schwarz ragt dank seines nuancierten Spiels regelmäßig aus dem Ensemble heraus.

Rehragout-RendezvousFoto: BR, Degeto / Bernd Schuller
Manche mögen’s heiß, manche brauchen nur ein Bier: Sebastian Bezzel und Lisa Maria Potthoff in „Rehragout-Rendezvous“

Diesmal wollen die beiden Freunde herausfinden, wer den Bauer Steckenbiller auf dem Gewissen hat. Als der Sohn (Michael Kranz) den Vater als vermisst melden will, wiegelt der arbeitsscheue Eberhofer erst mal ab, doch dann fliegt ihm eine Krähe mit dem Ohr des Vermissten im Schnabel gegen die Windschutzscheibe. Der Rest des Körpers findet sich in viele Einzelteile zerhäckselt auf dem Acker von Steckenbillers Erzrivalen, der Fall ist gelöst; aber natürlich trügt der Schein. Zum Krimi wird „Rehragout-Rendezvous“ jedoch erst im letzten Akt, bis dahin muss sich der Eberhoferfranz mit viel dringlicheren Problemen herumschlagen: Der Film beginnt mit der weihnachtlichen Verkündung der Oma (Enzi Fuchs), mit nahezu neunzig nun endlich in die wohlverdiente Rente zu gehen. Die alte Dame zieht in die Seniorinnen-WG ihrer Freundin Liesl Mooshammer (Eva Mattes), der Haushalt im nun nur noch Drei-Generationen-Hof ist neun Monate später der reinste Saustall. Für Franz kommt es aber noch viel schlimmer. Als der Bürgermeister (Thomas Kügel) aus dem unfreiwillig verlängerten Sommerurlaub Susi (Lisa Maria Potthoff) zur Stellvertreterin ernennt, ereilt den Dorfsheriff ein angebliches Schicksal vieler Männer erfolgreicher Frauen. Den Spott seiner Kumpane über die tote Hose kriegt er gratis dazu, aber immerhin buchen sie einen gemeinsamen „Man’s Energy Day“, damit die (Lebens-)Säfte wieder strömen, Schwitzhütte und verstörende Visionen inklusive.

Die Geschichte ist schlicht, die Scherze oft derb und krachledern, die Darbietungen mitunter reinstes Bauerntheater. Und doch hat die vermeintliche Niveaulosigkeit Methode: Wenn hier chargiert wird, dann keineswegs, weil’s die Mitwirkenden nicht besser können. Die Musik von Martin Probst, ebenfalls festes Mitglied dieser Filmfamilie, klingt auch nur vordergründig volkstümlich, hat aber ebenso wie Szenen- und Kostümbild einen ganz wesentlichen Anteil an der unverwechselbaren Handschrift der Reihe. Kameramann Stephan Schuh, seit „Griesnockerlaffäre“ (2016) dabei, wenn auch nicht durchgehend, hat zudem einen verblüffenden 3D-Effekt kreiert, der die Mitwirkenden quasi aus dem Bildschirm blicken lässt. Wichtigster Einschaltgrund sind jedoch die in ausgeprägtem Dialekt vorgetragenen Dialoge. Krönung in dieser Hinsicht ist der Besuch des völlig verlotterten Eberhofer senior (Eisi Gulp) im Heimtiersupermarkt, wo ihn eine Verkäuferin (Monika Gruber) prompt für einen Obdachlosen hält. Der nun folgende Wortwechsel ist hinsichtlich der Schimpfwörter pro Minute rekordverdächtig. Einen zehnten Film wird es allem Dissens zum Trotz übrigens sehr wohl geben, allerdings erst 2026. (Text-Stand: 30.6.2024)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kinofilm

ARD Degeto, BR

Mit Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Enzi Fuchs, Eisi Gulp, Eva Mattes, Gerhard Wittmann, Daniel Christensen, Stephan Zinner, Max Schmidt, Sigi Zimmerschied, Thomas Kügel, Ferdinand Hofer, Michael Kranz, Monika Gruber, Stefan Betz, Michael Ostrowski

Kamera: Stefan Schuh

Szenenbild: Anette Ingerl

Kostüm: Walter Schwarzmeier

Schnitt: Jochen Retter, Stefan Essl

Musik: Martin Probst

Soundtrack: Christian Steffen („Eine Flasche Bier“)

Produktionsfirma: Constantin Film

Produktion: Kerstin Schmidbauer

Drehbuch: Stefan Betz, Ed Herzog – Vorlage: Rita Falk

Regie: Ed Herzog

Quote: 5,08 Mio. (21,1% MA)

EA: 22.07.2024 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach