Seine Augen lagen selten so tief, sein Blick war noch nie so starr vor Entsetzen und noch nie stand er so sehr neben sich. Kommissar Tauber ermittelt seit acht Jahren. Er ist kein (pflege)leichter Zeitgenosse, kein umgänglicher Kollege. Im neuen BR-„Polizeiruf 110“ befindet sich der Münchner Kommissar in einem einzigen Alptraum. Ein Callgirl ist ermordet worden. Tauber ist fest davon überzeugt, dass der Unternehmer Hermann Denninger der Täter ist. Er scheint nicht nur ein gewalttätiger Widerling, sondern auch ein zwanghafter Würger zu sein. Nach einem Trick des Kommissars greift Denninger ihn an und geht ihm brutal an die Gurgel. Ein Beweis mehr für Taubers Theorien. Doch ihm fehlen die Zeugen. Dass Tauber, dem bei einem Polizeieinsatz vor Jahren der Arm abgehackt wurde, wieder von seinen alten Ängsten überfallen wird, er kaum noch schläft, Whiskey in sich hineinschüttet und sich bis in seine Wohnung verfolgt fühlt, macht ihn nicht glaubwürdiger. Und während Tauber beinahe durchdreht, wird Denninger aus der Untersuchungshaft entlassen.
In „Taubers Angst“ beginnt der Kommissar, ungewohnt forsch und engagiert zu ermitteln, umso tiefer das Loch, in das er nach dem Angriff auf sein Leben fällt. Mit seiner Angst steigt die Wut beim Zuschauer, der mit ihm mitfühlt, weil er den Fall aus Taubers Perspektive miterlebt. Regisseur Klaus Krämer geht ganz nah ran an dessen Angstschweiß und lenkt den Krimi in Richtung Psychothriller. Und obwohl mit dem zunehmenden Fortgang der Handlung allein die Alternative bleibt, dass bereits Denningers Angriff auf Tauber eine Angstprojektion des Kommissars sein könnte, entwickelt sich dieser „Polizeiruf“ zu einem ungemein spannenden, fast kammerspielartigen Krimi. Es geht Tauber im wahrsten Sinne an den Kragen. Und dem Zuschauer bleibt kein Notausgang für dessen Emotionen. Wem Edgar Selges Figur nahe geht, wer diesen störrischen, einsamen, launischen und jetzt auch noch von Panik ergriffenen Kommissar mag und gerne mal auf einen Whodunit verzichten kann – für den muss dieses Duell Taubers mit sich selbst ein Höhepunkt der Reihe sein.
Foto: BR / Marco Nagel