Mama kommt bald wieder“, Fall Nr. 23 für die beiden kauzigen Herberts aus Halle, basiert auf einem sorgfältigen Drehbuch, das ausnahmsweise einmal mehr zu bieten hat als das übliche „Wer war’s?“: Bei einem Routineeinsatz werden Schmücke und Schneider Zeuge einer Explosion im Dachgeschoss. In der Wohnung sind zwei kleine Jungs eingesperrt. Einen der beiden kann Schneider retten. Für den anderen kommt jede Hilfe zu spät: Er war bereits tot, als das Feuer ausbrach; verhungert. Es stellt sich heraus, dass sich die Mutter bereits seit zwei Wochen nicht mehr um ihre Kinder gekümmert hat. Da sie ihre Söhne nie im Stich lassen würde, muss ihr etwas zugestoßen sein. Rasch fällt der Verdacht auf ihren seit einem Jahr spurlos verschwundenen Ex-Mann: Vor 14 Tagen wurden die beiden zusammen in einer Wald-Disco gesehen; sie trennten sich im Streit. Tatsächlich findet die Polizei kurz darauf eine weibliche Leiche in einem Steinbruch. Die Obduktion gibt dem Fall jedoch eine völlig neue Richtung: Die Frau starb beim Zusammenprall mit einem Auto. Die Liste der Verdächtigen ist übersichtlich: Es muss jemand sein, der einen Schlüssel zu den Waldwegschranken hat.
Geschickter als in diversen „Tatort“-Filmen verknüpft Autor Lutz Schön in dieser „Polizeiruf“-Episode die berufliche Ebene mit dem Privatleben der Kommissare: Schneider ist von seiner Frau vor die Tür gesetzt worden; die Ratschläge vom geschniegelten Schmücke, der dem Kollegen zum neuen Auftritt mit neuem Outfit überreden möchte, sind nicht wirklich hilfreich. Dafür bahnt sich etwas zwischen Schneider und Kriminaltechnikerin Weigand (Marie Gruber) an. Es ist ohnehin erst ihre Kleinarbeit, die den Fall immer wieder weiterbringt, wie überhaupt der gesamte, von Jürgen Bretzinger routiniert und ohne Mätzchen inszenierte Film ein Denkmal für die alltägliche Polizeiarbeit ist. Und die unterschwellige Botschaft des Films, eine Anklage gegen das Wegschauen, übermittelt Bretzinger fast beiläufig. (Text-Stand: 2003)