Foto-Shooting in Ferropolis, einem Museum in einem ehemaligen Braunkohle-Tagebau nahe Dessau: Models posieren vor einem riesigen Bagger, eine bricht plötzlich vor der Linse tot zusammen. Die Ursache ist eine Vergiftung. Junge Schönheiten und altes Eisen, Jugend und Vergänglichkeit – ein passendes Thema zum Abschied von Herbert Schmücke (Jaecki Schwarz) und Herbert Schneider (Wolfgang Winkler), den es in diesem letzten „Polizeiruf 110“ mit den Ermittlern aus Halle standesgemäß zu feiern gilt.
Aber die filmische Kreativität bleibt in diesem konventionellen Krimi arg begrenzt. Man sieht das Übliche, das Erwartbare: langbeinige, Bulimie-geplagte Zicken voller Neid; einen herablassenden Schnösel von Fotograf (David Rott), der eines der Models anhimmelt und alle anderen anraunzt; eine eifersüchtige Domina von Agenturchefin (Sonja Kirchberger), die dem Fotografen finstere Blicke hinterherwirft, weil der mit ihr verheiratet ist. Und sogar der fürs Catering verantwortliche junge Mann, dessen Ex sich ebenfalls unter den Models befindet, bietet sich durch sein Verhalten gleich mal als Verdächtiger an. Außerdem turnt noch ein grimmig aussehender Mann heimlich im Bagger herum. Entspannt scheint hier nur die rechte Hand der Chefin zu sein – was ihn natürlich erst recht verdächtig macht. Der Mann heißt Jérôme Bonnair, ist offenkundig schwul, trägt Fliege, eine Schiebermütze & bunte Sakkos.
Verblüffend, wie man es fertig bringen kann, sämtliche der ja nicht wenigen Verdächtigen gleich mal in den ersten Szenen unterzubringen. Dazu noch in einer ziemlich plumpen Parodie des Modebusiness‘. Die Agentur von Sylvia Gregori führt den Mitteldeutschen Model Contest durch und verspricht der Siegerin einen Vertrag – Heidi Klum lässt grüßen. Sonja Kirchberger spielt die Rolle mit ähnlich festgefrorenen Gesichtszügen wie die Klum in ihrer Casting-Show. Das ist alles so dick aufgetragen wie das Make-up der Models, aber bleibt doch nur an der Oberfläche: Für eine Satire fehlen gepfefferte Dialoge und für einen guten Krimi überzeugende Figuren, Spannung und Tempo. Dabei ist die Geschichte, in der noch ein weiterer Mord geschieht und das Modeln nichts anderes als Menschenhandel ist, durchaus reizvoll und ziemlich böse. Die Schweinerei allerdings, die sich die Autoren am Schluss ausgedacht haben, wirkt übertrieben grausig – auch wenn davon nur die Rede ist und nichts gezeigt wird.
Der Abschied von Schmücke und Schneider fällt eher unspektakulär aus, was durchaus zu den Herren passt. „Überall Computer, Rasterfahndung – unser Bauchgefühl, das zählt einfach nicht mehr. Das ist einfach nicht mehr meine Zeit“, seufzt Herbert Schneider. Auch wenn Computer nun keine ganz so neue Erfindung mehr sind: Diese Resignation nimmt man dem braven Schneider ab, der sich auf seinen Ruhestand auf dem eigenen Boot freut. Der rührige Schmücke dagegen trumpft mit seinem Bauchgefühl noch einmal groß auf und löst beinahe im Alleingang den Fall der vermissten Tochter seiner ehemaligen Putzfrau. Das Mädchen taucht auf einem Foto von einem früheren Casting der besagten Model-Agentur auf. Wieso Schneider und Kollegin Nora Lindner der Spur nicht nachgehen wollen, ist ziemlich unlogisch, passt aber zu der schleppend erzählten Ermittlungsarbeit. Insofern siegt zwar das Bauchgefühl ein letztes Mal, aber das mit dem alten Eisen stimmt eben doch. Immerhin beweist Schmücke, dass sich auch ältere Männer mit moderner Technik auskennen können (warum auch nicht?), und nutzt ein Auto-Navi, um der letzten, entscheidenden Spur zu folgen.
Und die Frauen? Nora Lindner (Isabell Gerschke) ist mal die Assistentin, die Schmückes Tasche trägt, mal die eigenständige Ermittlerin. Dass auch für sie diese Rolle nun nach nur wenigen Folgen beendet ist, muss Gerschke nicht allzu sehr grämen, zumal sie bei „Akte Ex“ selbst zur Hauptfigur aufgestiegen ist. Wenn man bei der „Heiter-bis-tödlich“-Reihe im Ersten von „Aufstieg“ sprechen möchte. Ein bisschen Wehmut kommt beim Abschied von Marie Gruber auf. Sie war als Kriminaltechnikerin Rosemarie Weigand jahrelang die treue Zuträgerin und gibt auch hier mit ihren Analysen wichtige Hinweise zur Aufklärung. Ein letzter Auftritt also auch für „Röschen“, wie Schmücke seine Kollegin freundlich, aber etwas von oben herab nennt. Immerhin scheint er endlich zu merken, was er an ihr hat: „Sie sind ja ein richtiger Kumpel“, sagt er. Eine kleine Szene und eine letzte, konsequent altväterliche Würdigung einer langjährigen Nebenrolle. (Text-Stand: 9.2.2013)